Tegel rüstet sich für Ausstieg aus der Luftfahrt

Auch wenn die Flugbereitschaft bis 2029 bleibt, wird der Airport einem Wohn- und Wissenschaftsquartier weichen

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

So viel Entschlossenheit gab es in Sachen Berliner Flughäfen schon lange nicht mehr: Reichlich eine Woche nach der Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld werde der Flughafen Tegel schließen. Pläne, die Flugbereitschaft der Bundeswehr länger als geplant in Tegel zu belassen und deren »Schließungszeitpunkt« auf voraussichtlich 2029 zu verschieben, seien davon unberührt. Das stellten die Sprecher der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) sowie der Projektentwickler Tegel Projekt GmbH auf nd-Anfrage übereinstimmend klar.

Hintergrund der Anfrage war eine Mitteilung des Bundesverteidigungsministeriums zu wichtigen »Entscheidungen zu Liegenschaften und zur Stationierung der Bundeswehr«. Neben dem Erhalt von acht Material- und Munitionslagern ging es dabei um die Weiternutzung von zwölf Militärliegenschaften, die eigentlich geschlossen werden sollten. Darunter Tegel. »Gemäß derzeitiger Planungen verbleibt die Hubschrauberstaffel der Flugbereitschaft BMVg zunächst im militärischen Teil des Flughafen Tegel«, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Mitteilung. Betroffen sind, wie das Fachmagazin »Flug Revue« am selben Tag bestätigte, die drei von der Flugbereitschaft für den VIP-Transport eingesetzten Hubschrauber vom Typ Eurocopter AS 532 »Cougar«. Allein in den knapp drei Jahren von Januar 2016 bis November 2018 seien die Maschinen bei 156 Missionen - etwa mit der Bundeskanzlerin an Bord - eingesetzt gewesen, teilte ein Sprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa mit.

Der Airport Tegel (TXL) verliert ein halbes Jahr nach Inbetriebnahme des BER seine Betriebserlaubnis. Für Hubschrauberlandeplätze gelten jedoch andere Rechtsgrundlagen. Laut Verteidigungsministerium ist die vollständige Verlegung der Flugbereitschaft »von den Hauptbaumaßnahmen am neuen Regierungsflughafen BER« in Schönefeld abhängig. Die Pläne für dieses Vorhaben hatte die Bundesregierung in der vergangenen Woche vorerst gestoppt. Wie BER-Sprecher Hannes Stefan Hönemann erklärte, seien FBB und Bund weiter im Gespräch über das 344-Millionen-Euro-Projekt. Staatsgäste und offizielle Delegationen sollen ab Herbst 2020 zunächst in dem vor einem Jahr als Empfangsterminal fertiggestellten Interimsgebäude empfangen werden.

Nach FBB-Informationen habe die Entscheidung zum Weiterbetrieb der Flugbereitschaft in Tegel keinen unmittelbaren Einfluss auf die Inbetriebnahme des Interimsterminals.

Entspannt reagierte auch Hans Peter Koopmann, der Sprecher von Tegel Projekt: »Wir sind über den zeitweiligen Verbleib der Flugbereitschaft am Rande des Flughafens Tegel im Bilde. Einfluss auf unsere Projekte ›Urban Tech Republic‹ und ›Schumacher Quartier‹ hat das nicht.«

Philipp Bouteiller, der Geschäftsführer der Tegel Projektgesellschaft, hatte am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Bundestages über die nach der Flughafenschließung in Tegel geplante Entwicklung des 500 Hektar großen Areals informiert. Anlass war ein Antrag der FDP, Tegel in Betrieb zu halten. Die geladenen Sachverständigen Dieter Faulenbach da Costa und Elmar Giemulla empfahlen, Tegel aus Kapazitätsgründen zumindest einige Jahre offen zu halten.

Bouteiller widersprach diesen Forderungen entschieden. Dort würden künftig bis zu 20 000 Arbeitsplätze in den Bereichen Wissenschaft und Forschung sowie ein Wohnquartier für rund 10 000 Einwohner entstehen. So soll im bisherigen Terminal die Beuth Hochschule für Technik Berlin angesiedelt werden.

Vor allen in den nördlichen Berliner Bezirken warten die Einwohner auf das versprochene Ende des lärmintensiven Flugbetriebs in Tegel. So schrieb die Initiative »Pankow sagt Nein zum Flughafen Tegel TXL« auf Facebook: »Am 8.11.2020 ist alles vorbei« und kündigte an, den letzen Flieger in Tegel mit einem Fest auf dem Pankower Anger gebührend zu verabschieden. Mit dpa

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