Die Kohlelobby freut sich zu früh

Kurt Stenger über die politische Einigung zum Ausstieg

Mit dem Kohleausstiegsplan setzt Deutschland »international Maßstäbe« - so tönt der Chef der Energiegewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Einschätzung nicht bewahrheitet. Natürlich ist es positiv, dass der Ausstieg nun in trockenen Tüchern ist und nicht bis zum St. Nimmerleinstag verschoben wird.

Doch was Bund, Länder und Kraftwerksbetreiber ausgeheckt haben, fällt sogar noch hinter den unzureichenden Plan der Kohlekommission zurück. Nicht nur, dass mit Datteln 4 noch ein neues Kraftwerk ans Netz gehen darf und weitere Dörfer Tagebauen weichen sollen, sondern auch das Schlussdatum 2038 ist nicht sicher. Zum Vergleich: In Großbritannien wird praktisch keine Kohle mehr verstromt, und bis 2025 ist dort Schluss. Die Bundesregierung hingegen setzt ihre Strategie fort, Klimaschutz mehr zu simulieren und die eigenen Ziele zu reißen.

Dass sich Konzerne, Kohleländer und die gewerkschaftliche Kohlelobby nun freuen, ist aber allzu kurzsichtig. Die Anlagen sind schon jetzt kaum noch rentabel, und die Betreiber kommen immer schwerer an frisches Kapital. Wenn auf zeitnah beginnende Abschaltungen verzichtet wird, birgt das die Gefahr, dass auch Beschäftigungsprogramme für die Betroffenen hinausgezögert werden. Zudem drohen entweder weit höhere Rechnungen für die Steuerzahler oder chaotische Schließungen. Es wäre für alle Beteiligten die schlechteste Lösung, wenn am Ende der Markt die nationalen Maßstäbe setzt.

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