Finanzoasen für anonyme Anleger

Die EU geht gegen die Steueroase Cayman Islands, nicht aber gegen die anderen besonders schädlichen »Schattenfinanzplätze« USA, die Schweiz und Hongkong

Die Cayman Islands, die USA, die Schweiz und Hongkong sind derzeit die schädlichsten Zentren der Geheimhaltungs- und Steuervermeidungsindustrie. Dies geht aus dem am Dienstag veröffentlichten »Schattenfinanzindex 2020« des Tax Justice Network (TJN) hervor. »Das Schattenfinanzwesen öffnet Drogenkartellen Zugang zum Banksystem, macht Steuerhinterziehung zum Kinderspiel und Menschenhandel profitabel«, kritisiert TJN-Sprecher Alex Cobham.

Das internationale Netzwerk mit Sitz im englischen Chesham ist eine der wenigen seriösen Informationsquellen zu Finanzoasen weltweit und will darüber hinaus Reformen anstoßen. Den seit 2009 alle zwei Jahre veröffentlichten Schattenindex erstellen die Experten anhand von 20 Indikatoren vom Bankgeheimnis über niedrige Steuertarife für Ausländer bis hin zur verweigerten Ratifizierung internationaler Abkommen.

Deutschland liegt sogar noch vor Panama

Unter den 133 untersuchten Staaten liegt Deutschland weit vorne - auf Platz 14 und damit noch vor Panama. Bemängelt wird, dass Kriminelle mittels anonymer Immobilienkäufe hierzulande nach wie vor leicht ihr Geld waschen könnten und die Bekämpfung durch Finanzbehörden wenig effektiv sei. Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, dem deutschen TJN-Ableger, fordert deshalb ein öffentlich zugängliches Register der Immobilieneigentümer, die Umwandlung von Inhaberaktien mit nirgends registrierten Eigentümern in nicht-anonoyme Aktienformen und den Einzug noch zirkulierender 500-Euro-Scheine. Ferner sollten auch Stiftungen sowie Familienunternehmen zur Veröffentlichung ihrer Bilanzen verpflichtet werden. Insbesondere unter dem Druck der EU-Geldwäscherichtlinie hat sich aber manches verbessert - vor zwei Jahren lag Deutschland noch auf dem siebten Platz.

Dass Deutschland und andere große Industriestaaten so weit vorne liegen, hat weniger mit besonders großen Schlupflöchern für Kriminelle zu tun als vielmehr mit dem finanziellen Gewicht. So seien laut den TJN-Autoren die Malediven, Angola, Algerien und Bolivien zwar Spitzenreiter bei der Geheimhaltung, aber kleine Finanzplätze richteten weniger Schaden an als große. Bei den USA wird kritisiert, dass Ausländer hier »eine breite Palette von Geheimhaltungs- und Steuervorteilen für Ausländer auf Bundesebene wie auf Ebene einzelner Staaten« nutzen könnten. Gleichzeitig gibt es eine enge Verknüpfung mit dem Spitzenreiter: Auf den Cayman Islands kombinieren gerade Investmentfonds und Vermögensverwalter aus den USA die Anlage riesiger Summen mit »minimaler Regulierung, minimaler Besteuerung und maximaler Anonymität«.

EU aktualisiert schwarze Liste für Steueroasen

Die EU dagegen nimmt sich kleine Inselrepubliken aus der Karibik und Südsee vor. Mithilfe einer seit Ende 2017 immer wieder aktualisierten schwarzen Liste setzt man auf Prangerwirkung und politischen Druck, um Finanzoasen zur Änderung ihrer Steuergesetzgebung zu bewegen. Hier wirkt sich inzwischen der Brexit positiv aus. Am Dienstag konnten die EU-Finanzminister erstmals ein britisches Überseegebiet auf die nun zwölf Staaten umfassende Liste setzen: die Cayman Islands. Kommentar Seite 10

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