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Regierung rechtfertigt Repression
Lavieren auf Linke-Anfrage zu Gemeinnützigkeitsentzug gegenüber der VVN-BdA
Die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts ist für die Bundesregierung offenbar nicht maßgeblich. Das zeigt ihre Antwort auf eine Anfrage von Abgeordneten der Linkspartei, die »nd« vorliegt. Die Parlamentarier wollten wissen, wie sich das Kabinett zum Entzug der Gemeinnützigkeit für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) durch das Berliner Finanzamt im vergangenen November stellt. Und sie verlangten eine Positionierung zur Begründung, dass die VVN-BdA im bayerischen Verfassungsschutzbericht als »extremistisch beeinflusst« aufgeführt ist.
Rechtswidriger Beschluss
Von den 21 Einzelfragen wurden nur die wenigsten beantwortet. Eine Klarstellung gibt es aber: Die Regierung räumt ein, dass Voraussetzung für einen Entzug der Gemeinnützigkeit nach Paragraf 51 der Abgabenordnung ist, dass ein Verein in Berichten des Bundesamtes oder eines Landesamtes für Verfassungsschutz (VS) »ausdrücklich als extremistisch eingestuft« wurde. Im bayerischen Bericht wird die VVN-BdA »nur« als »extremistisch beeinflusst« bezeichnet.
Gleichzeitig behauptet die Regierung, das Finanzamt sei zu seiner Entscheidung »verpflichtet« gewesen. Es habe »keinen Ermessensspielraum« gehabt. Der betroffene Verein könne aber sowohl gegen seine Einstufung als »extremistisch« in einem VS-Bericht als auch gegen den Finanzamtsbescheid juristisch vorgehen.
Dehnbarer Extremismusbegriff
Die Linke-Abgeordneten wiesen in ihre Anfrage darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht den Begriff »Extremismus« bereits 2010 als »rechtlich nicht eingrenzbar«, sondern als »Frage des politischen Meinungskampfes« bezeichnet hatte. Die Regierung benennt dennoch nur die sehr dehnbare Bestimmung des Begriffs im Bundesverfassungsschutzgesetz als Grundlage für das Handeln von VS und Finanzbehörden. Die Frage, ob sie die Notwendigkeit sehe, Paragraf 51 der Abgabenordnung zu ändern, beantwortet die Regierung schlicht nicht.
Immerhin bestätigt sie, dass sich politisches Engagement und Gemeinnützigkeit nicht ausschließen. Dem Netzwerk Attac war die Gemeinnützigkeit mit der Begründung aberkannt worden, sie betätige sich als politische Kraft. Die Große Koalition, heißt es in der Antwort, werde »noch in dieser Legislaturperiode« einen Gesetzentwurf einbringen, um »Rechtssicherheit für gemeinnützige Organisationen, die sich auch politisch betätigen«, herzustellen.
Ulla Jelpke, die die Anfrage zusammen mit Brigitte Freihold und André Hahn eingereicht hatte, fordert eine Streichung des »Extremismusparagrafen« in der Abgabenordnung. »Es kann nicht sein, dass antifaschistische Vereine von einem wildgewordenen Verfassungsschutz und einem willfährigen Finanzamt politisch diffamiert und finanziell ausgetrocknet werden«, sagte sie dem »nd«. Angesichts des Eingeständnisses, dass die Einstufung als »extremistisch beeinflusst« die Berliner Behörde nicht zu ihrer Maßnahme berechtigt hat, erwartet Jelpke nun, »dass die Gemeinnützigkeit der VVN-BdA klipp und klar bekräftigt wird«.
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