Werbung

Eine Rhetorik des Hasses

In den USA häufen sich Attacken gegen asiatisch aussehende Menschen

  • Johannes Simon
  • Lesedauer: 3 Min.

Es waren grausame Nachrichten: Am 14. März griff in Texas ein 19-Jähriger in einem Supermarkt eine asiatisch aussehende Familie mit einem Messer an, ein Kind wurde schwer im Gesicht verletzt. In New York wurde eine asiatisch aussehende Frau, die eine Atemmaske trug, ins Gesicht geschlagen und als »verseucht« beschimpft.

Am 19. März starteten daraufhin verschiedene asiatisch-amerikanische Organisationen eine Website, auf der man rassistische Vorfälle melden kann. In nur einer Woche erreichten sie 673 Zusendungen, inzwischen erhalten sie fast 100 am Tag. Asiatisch aussehende Menschen werden angegriffen; sie werden in öffentlichen Verkehrsmitteln gemieden; Taxifahrer weigern sich, sie mitzunehmen, Geschäfte verweigern ihnen Zugang. Und immer wieder bekommen sie zu hören, sie seien Träger des Virus. Sie alle sind anscheinend Opfer der nationalistischen Rhetorik geworden, mit der die Trump-Regierung auf die Coronakrise reagierte.

Zwar hatte Trump vergangene Woche betont, es sei »sehr wichtig, dass wir unsere asiatisch-amerikanische Community in den USA total beschützen«. Diese seien »unglaubliche Menschen, und die Verbreitung des Virus ist nicht ihre Schuld.« Doch seit Wochen bezeichnet der US-Präsident den Virus fast ausschließlich als »China-Virus«. Ein Foto, das um die Welt ging, zeigte Trumps Redemanuskript für eine Pressekonferenz; bei dem Wort »Coronavirus« war »Corona« durchgestrichen und handschriftlich durch »Chinesisch« ersetzt worden.

Auch in den rechten Medien dominiert dieses Narrativ - allen voran der einflussreiche Fernsehsender Fox-News. Zu Beginn war man Trump noch gefolgt, den Virus zu verharmlosen. Die Panik wegen einer angeblichen Pandemie sei ein Trick der Demokraten, die Trump politisch schaden wollten. Vergangene Woche fand eine Umfrage heraus, dass 60 Prozent der Fox-News Zuschauer immer noch glaubten, dass die Medien die Gefährlichkeit des Virus übertreiben.

Eine Ausnahme waren die radikalen Populisten der rechten Mediensphäre. Sie erkannten die Gefahr, die von Covid-19 ausgeht, bereits, als der Präsident sie noch herunterspielte. Vor allem Tucker Carlson, dessen Show bei Fox-News läuft, und der als harter Nationalist sogar die Republikaner kritisiert, nahm den Coronavirus schon früh ernst - vermutlich, weil er so gut sein Lieblingsnarrativ passte: die USA seien bedroht, von Terroristen, kriminellen Migranten und von Feinden umzingelt.

Ganz oben auf Carlsons Feindesliste steht China. Und so begann er schon früh, die Angst vor dem »chinesischen Virus« zu schüren. Nach eigener Auskunft ist Carlson sogar am 7. März persönlich nach Florida geflogen, um Trump in einer Privataudienz vom Ernst der Lage zu überzeugen.

Tatsächlich fällt auf, dass Trump China wegen dessen Vorgehen gegen das Coronavirus zunächst deutlich lobte. Erst als klar war, dass es auch in den USA zu einer schweren Krise kommen würde, drehte sich diese Rhetorik. Auf beiden Seiten kursieren nun Verschwörungstheorien über den Ursprung des Virus. Der republikanische Senator Tom Cotton aus Arkansas hatte spekuliert, bei Covid-19 könnte es sich um eine chinesische Biowaffe handeln, die aus einem Labor in Wuhan entkommen sei. Auf der chinesischen Seite vertrat der Sprecher des Außenministeriums Zhao Lijan immer wieder die Theorie, dass »möglicherweise die US-Army die Epidemie nach Wuhan gebracht« habe. US-Konservative verteidigen den Begriff des »China-Virus« bisher mit dem Argument, es handele sich hier nicht um Rassismus, sondern um eine Tatsache. Auch Trump machte klar, dass er den Begriff »China-Virus« keineswegs bereue.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.