Auch gemeinsam nicht stark

Kurt Stenger über die wirkungslose Ölförderkürzung der Opec+

Die Ölförderkürzung der Opec und ihrer Partner wird als historisch bezeichnet: Noch nie hat das Kartell ähnlich stark den Hahn zugedreht – in der Finanzkrise betrug die Drosselung ein Drittel der jetzigen. Und noch nie haben die USA mit der Opec gemeinsame Sache gemacht. Beides zeigt, wie heftig die Coronakrise auf die Ölbranche durchschlägt.

Doch die Superlative relativieren sich schnell, wenn man bedenkt, dass die globale Nachfrage viel stärker einbricht als die Fördermenge. Deshalb reagierte der Ölpreis auch anders als erwünscht kaum auf den Beschluss der Opec+. In der Folge können die Staaten ihre Ölreserven zum Spottpreis auffüllen, bis die Tanks voll sind. Dann werden die Förderer die Produktion noch mehr kürzen müssen. Ob die neue Gemeinsamkeit dann noch Bestand hat? Oder werden Saudi-Arabien und Russland ihren Preiskampf aus Verzweiflung über riesige Löcher im Staatshaushalt wieder aufnehmen? Mexiko hat bereits gezeigt, wie man sich vom Rest der Opec mittels Finanzderivate gegen Ölpreisverfall unabhängig machen kann.

Man sollte also vorsichtig mit dem Wort »historisch« umgehen. Dieses hätte ohnehin erst dann seine Berechtigung, wenn die Förderung auf Dauer zurückgeht. Anders als von den Anhängern der »Peak-Oil«-Theorie prophezeit, gehen aber nicht die Lagerstätten zur Neige, sondern die Verbraucher könnten im Gefolge der Coronakrise ihre Nachfrage senken. Denn wie man jetzt sieht: Wer braucht schon Flugreisen?

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.