Unser täglich’ Brot bring uns heute

In der Coronakrise liefert die Berliner Tafel Lebensmittel an Bedürftige aus – das läuft trotz Krise ganz gut

  • Jonas Wagner
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Coronakrise wirkt sich auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens aus. Dabei macht sie auch vor den gemeinnützigen Tafeln nicht Halt: Diese mussten ihren Betrieb vielerorts einstellen, um ihre älteren Mitarbeiter*innen und Kund*innen zu schützen. Zudem gebe es aufgrund der Pandemie »einen drastischen Rückgang der Lebensmittel- und Sachspenden«, teilt der Bundesverband der Tafeln auf seiner Webseite mit.

Für die Hauptstadt allerdings gibt Sabine Werth Entwarnung: »Wir sammeln Lebensmittel ein wie verrückt«, berichtet die Gründerin und Vorsitzende der Berliner Tafel dem »nd«. Zwar seien zu Beginn der Krise deutlich weniger Waren gespendet worden als sonst, weil viele Menschen Hamsterkäufe tätigten – doch dann habe es sehr viele Spenden gegeben, so Werth weiter, da viele Hotels ihre Küchen dichtmachen mussten. Inzwischen habe sich die Lage wieder eingependelt, erzählt die Vereinsvorsitzende: »Es ist in keiner Weise so, dass wir zu wenige Lebensmittel haben.«

Auch die Hilfsbereitschaft der Berliner ist aktuell groß. »Wir haben 1400 neue Helfer dabei«, freut sich Werth. Sie ergänzt: »Das sind vorzugsweise junge Menschen« – aufgrund wegfallender Jobs und Kurse an den Universitäten hätten viele nun Zeit für das ehrenamtliche Engagement. Gleichwohl hat auch die Berliner Tafel bis auf drei Ausnahmen alle ihrer 45 Ausgabestellen geschlossen. »Wir beliefern die Leute zu Hause«, erklärt Werth. Dafür müssten Bedürftige sich lediglich an ihre jeweilige Gemeinde wenden, die Tafel koordiniere dann die Lieferungen. Ein Dienst, der angenommen wird: Am Montag hat die Berliner Tafel nach eigener Auskunft die zehntausendste Lebensmitteltüte ausgeliefert. Insgesamt versorgt der Verein etwa 50 000 Bedürftige pro Monat mit Lebensmitteln.

Auch beim kommerziellen Start-up Sirplus, das sich die Rettung von Lebensmitteln auf die Fahnen geschrieben hat, spürt man die Coronakrise. »Die Leute fahren nicht mehr so weite Wege, um zu Sirplus zu kommen«, erklärt Raphael Fellmer, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens, das in Berlin fünf Geschäfte betreibt. Dafür kauften die Menschen nun viel mehr auf einen Schlag: Vor allem Hygieneprodukte gingen häufiger über die Ladentheken als vor der Krise, so Fellmer weiter. Dennoch büße man in den Läden aktuell an Umsatz ein.
Anders sieht es im Onlineshop des Start-ups aus, mithilfe dessen Kundinnen und Kunden in ganz Deutschland beliefert werden: Aufgrund der Coronakrise sei der Absatz über das Internet um mehr als 50 Prozent gewachsen, erklärt der Geschäftsführer. »Grundsätzlich ist es so, dass wir im März den besten Monat hatten.«

Sowohl die gemeinnützigen als auch die kommerziellen Lebensmittelretter*innen scheinen also bislang gut durch die Coronakrise zu kommen. Auch scheint der Dissens zwischen der Berliner Tafel und Sirplus weitestgehend ausgeräumt: In der Vergangenheit hatte Tafel-Vorsitzende Werth dem Start-up vorgeworfen, just mit jenen Produkten Handel zu treiben, auf die auch die Tafel angewiesen sei – wodurch der Verein teilweise weniger erhalte (»nd« berichtete).

Fellmer hingegen hatte als Grundsatz seines Unternehmens betont: Die Tafeln hätten immer Vorrang. Dass es bei einigen Händler*innen Überschneidungen gegeben habe, wodurch weniger Lebensmittel bei der Tafel angekommen waren, sei »eher ein Missverständnis« gewesen, hatte Fellmer damals erklärt. Heute sagt dazu auch Sabine Werth: »Das haben wir in den Griff bekommen.«

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