Frühlingstau in Minsk
USA entsenden wieder Botschafterin nach Belarus
Es sieht so aus, als seien die USA und Belarus wieder im Geschäft. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Während der Streit zwischen Minsk und Moskau über Gas- und Ölpreise weitergeht, hatte Washington gezielt den Kontakt gesucht zu Minsk. Und wie Trump nun andeutet, steht die Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten bevor: Die USA werden seinen Worten zufolge die Karrierediplomatin Julie Fisher als Botschafterin nach Minsk entsenden.
Das ist ein Neuanfang nach langer Pause: Seit 2008 hatten beide Staaten nur diplomatische Kontakte auf Beamtenebene unterhalten. Damals hatte Minsk die Reduktion des US-Botschaftspersonals gefordert, nachdem die USA Sanktionen verhängt hatten. Und das wiederum, nachdem das Regime in Minsk Proteste rund um die von massiven Fälschungsvorwürfen begleitete Präsidentenwahl 2006 niedergeschlagen hatte.
Die jetzige Ernennung Julie Fishers ist die logische Folge einer sich seit einem halben Jahr abzeichnenden Annäherung. Während Russland den Druck auf Belarus massiv erhöhte, einer tieferen Integration von Belarus in einen Staatenbund mit Russland zuzustimmen, Öl- und Gaspreise erhöhte und Verträge darüber nicht dauerhaft erneuerte, waren es die USA, die - nicht ganz uneigennützig - zur Hilfe eilten. Zuerst kündigte man an, die Botschaften beider Staaten in den jeweiligen Ländern wieder voll hochfahren. Dann folgte ein Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo in Minsk im Februar, all das einhergehend mit Angeboten der USA, ausfallende Öl- und Gaslieferungen aus Russland zu kompensieren.
Julie Fisher erscheint eine passende Kandidatin für den Job in Minsk. Sie hat an den US-Botschaften in Kyiv, Tiflis und Moskau gearbeitet und kennt die Dynamiken der Region. Zuletzt hatte sie als Stellvertreterin die US-Vertretung bei der NATO geleitet. Wann die Anhörungen zu ihrer Ernennung stattfinden werden, ist wegen der Corona-Pandemie unklar. Und damit ebenso wenig, wann genau sie ihren Posten übernehmen wird.
Bemerkenswert an der Ernennung Julie Fishers ist allerdings ein Umstand: Ihr Mann, Daniel Shapiro, war unter Trumps Vorgänger Barack Obama US-Botschafter in Israel, der nach Trumps Amtsübernahme sofort abgesetzt wurde. Das war allerdings nicht Auswuchs einer persönlichen Animosität: Trump hatte damals alle politisch besetzten Botschafter abgesetzt.
Das Paar ist Israel tiLef verbunden und pflegt nach wie vor gute Kontakte in die Region. Nicht zuletzt über den Glauben: das Paar gehört der konservativ-jüdischen Adas Israel Congregation an. Zugleich aber ist Shapiro nach wie vor am Institute for National Security Studies tätig. Und dann sind da die persönlichen Kontakte: Shapiro und Israels Premier Benjamin Netanyahu wird eine freundschaftliche Beziehung nachgesagt.
Der Job in Minsk birgt Tücken. Menschenrechtsverletzungen, massive Beschränkungen der freien Meinungsäußerung sowie der Versammlungsfreiheit sind Teil des belarussischen Alltags. Präsident Alexander Lukaschenko duldet keinerlei Konkurrenz. Bei seinem Besuch in Minsk im Februar hatte Mike Pompeo beschworen, dass man zwar eine Verbesserung der politischen wie wirtschaftlichen Beziehungen anstrebe, jedoch weiter Menschenrechte einfordere. Mit der Aufstockung der Botschaft gibt es auch wieder im vollen Umfang das Werkzeug dafür. Und wie ein Angehöriger der belarussischen Zivilgesellschaft meint: Man werde aufmerksam beobachten, welche Initiativen und in welchem Umfang die USA künftig finanziell unterstützen werden - und wie das Spagat zwischen Kritik und wirtschaftlicher Annäherung vonstatten geht.
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