Systematische Polizeigewalt

Der Mord an George Floyd erschüttert die USA

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Millionen haben in den USA in einem Video gesehen, wie George Floyd langsam starb. Wie sein Kopf minutenlang auf den Asphalt gedrückt wird, bis er ohnmächtig ist. Die Polizeigewalt gegen Afroamerikaner, die für viele traumatisierend und nur schmerzhafte Wiederholung ist, hat in den vergangenen zwei Tagen ob des drastischen Bildmaterials auch das weiße Amerika erreicht. Und: Anders als in vielen anderen Fällen sorgen Aktivisten und Anwohner in Minneapolis derzeit dafür, dass es dieses Mal nicht bei ein paar betroffenen oder wütenden Nachrichten in den sozialen Medien bleibt.

Den ganzen Mittwoch gab es Proteste gegen den Tod von Floyd - inklusive Stein- und Flaschenwürfen. Wie schon am Vortag setzte die Polizei Tränengas und Gummigeschosse ein. Im Zuge der Proteste wurde auch ein Polizeirevier von Demonstranten attackiert und Scheiben geparkter Polizeiautos zertrümmert. Mehrere Läden wurden geplündert, ein Autoteilehandel wurde offenbar in Brand gesetzt. Die Stadt Minneapolis forderte Mittwochnacht laut lokalen Medien die Unterstützung der Nationalgarde des Bundesstaates Minnesota an.

Zwar hat die Stadt bereits die vier an der Verhaftung mit Todesfolge beteiligten Polizisten entlassen. Der Bürgermeister hat sich für den Tod des 44-Jährigen entschuldigt. Doch die Demonstranten vor fordern mehr: die Verhaftung und eine Mordanklage gegen den weißen Polizisten Derek Chauvin.

Das forderte auch die Demokratische Kongressabgeordnete aus Minneapolis, Ilhan Omar. Die somalischstämmige Abgeordnete ist selbst immer wieder Ziel von rassistischen Attacken im Internet geworden, plädierte nun aber für friedlichen Protest. »Es ist herzzerreißend und ich bin frustriert, das so etwas immer wieder passiert und Gerechtigkeit einfach nicht erreichbar erscheint«.

Laut Daten der örtlichen Polizei richten sich 62 Prozent aller Polizeikontrollen in Minneapolis gegen schwarze Einwohner, aber nur 21 Prozent gegen Weiße. Letztere stellen aber 63 Prozent der Stadtbevölkerung. Schwarze hingegen nur 18 Prozent.

Neben auffallend viel Empörung über die Plünderungen fordert der rechte Nachrichtensender Fox News nun, dass »das System« seine Arbeit machen müsse. Doch für viele Demonstranten ist genau »das System« dafür verantwortlich, dass Derek Chauvin weiterhin ohne juristische Überprüfung übermäßige Gewalt im Dienst anwenden konnte.

Vier Menschen starben 2005 und 2006 nach Polizeieinsätzen, an denen Chauvin beteiligt war. Doch zu einer Untersuchung der Fälle kam es nicht, weil die damals zuständige Staatsanwältin Amy Klobuchar es ablehnte, Untersuchungen gegen Chauvin und zwei Dutzend anderer Polizeibeamte einzuleiten, die im Dienst Bürger erschossen hatten. Stattdessen profilierte sie sich in den weißen Vororten von Minneapolis mit einem »Hart-gegen-Kriminalität«-Kurs für ihren Senatswahlkampf 2006. Aktuell ist die Ex-Präsidentschaftskandidatin als Vize-Kandidatin von Joe Biden im Gespräch. Bei den diesjährigen Vorwahlen konnte sie kaum schwarze Unterstützung erreichen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.