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Lateinamerika wird zum Epizentrum
Die globale Corona-Pandemie weitet sich in Südamerika und der Karibik aus
Er ist das Gesicht der Coronakrise in Lateinamerika: Jair Messias Bolsonaro, der ultrarechte Präsident Brasiliens. Lateinamerika ist inzwischen das globale Epizentrum der Pandemie mit Brasilien an der Spitze und einem Präsidenten, der bisher den öffentlichen Auftritt ohne Maske zelebrierte und die Lungenkrankheit Covid-19 noch im März als »kleine Grippe« herunterspielte. Sollte er weiter maskenlos öffentliche Auftritte zelebrieren, wird es teuer: Pro Tag müsse Bolsonaro eine Strafe von umgerechnet rund 340 Euro (2000 Reais) zahlen, wenn er in der Öffentlichkeit ohne Mund- und Nasenmaske auftritt, lautet ein Gerichtsbeschluss von Dienstag. Brasilien liegt bei den offiziell erfassten Infektionsfällen weltweit hinter den USA an zweiter Stelle.
In Lateinamerika und der Karibik wurde die Schwelle von 100 000 bei den insgesamt verzeichneten Todesfällen durch die Corona-Pandemie inzwischen überschritten. Das ergab eine in der Nacht zum Mittwoch veröffentlichte Zählung der Nachrichtenagentur AFP, die auf Behördenangaben beruht. Demnach gibt es in Lateinamerika und der Karibik inzwischen 2,1 Millionen amtlich verzeichnete Fälle von Ansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus.
Rund die Hälfte der registrierten Corona-Todesfälle in dieser Weltregion trat in Brasilien auf, dem bevölkerungsreichsten und flächenmäßig größten Land Lateinamerikas. Dort wurden bis Dienstag 52 645 an den Folgen der Viruserkrankung gestorbene Menschen gezählt. Die Zahl der bestätigten Infektionsfälle in Brasilien lag bei 1,146 Millionen.
Das am zweitstärksten von der Pandemie betroffene Land der Region ist Mexiko, mit bis Dienstag 23 377 offiziell verzeichneten Todes- und rund 191 400 Infektionsfällen. Wegen dieser anhaltend hohen Infektionszahlen wurden in Mexiko Lockerungsmaßnahmen verschoben. In Mexiko-Stadt hätten in der kommenden Woche eigentlich Einkaufszentren, Restaurants, Hotels und Kirchen in begrenztem Umfang wieder öffnen sollen. Auch Costa Rica, das früh wieder gelockert hatte, verschob die nächste Phase der Lockerungsmaßnahmen.
Lateinamerika steuert in diesen Tagen auf den Höhepunkt der Pandemie zu, deutlich später als erwartet. Die frühzeitigen Quarantänen ab März haben die Pandemie offenbar verzögert, doch sie sind inzwischen kaum noch durchzuhalten wegen mangelnder sozialer Abfederung. 80 Prozent der Bewohner Lateinamerikas wohnen in Städten. Einer von vier städtischen Einwohnern wiederum wohnt in informellen, dicht besiedelten Vierteln, in denen Eigentumsverhältnisse ungeklärt sind und mindestens zwei infrastrukturelle Grundleistungen, wie fließend Wasser, Strom oder Abwasser nicht gegeben sind. Trotz diverser Unterschiede zwischen den Ländern driftet Lateinamerika durch die Coronakrise in eine sehr instabile und explosive Realität. Regionale Initiativen zeichnen sich bisher nicht ab.
Das Virus stellt eine enorme Bedrohung für die schwach aufgestellten Gesundheitssysteme dar. Mittel- und langfristig werden die Folgen für die Wirtschaft in der Region katastrophal sein. Der soziale Frieden - schon vor Corona in Chile oder Brasilien auf der Kippe - ist in diesen und einigen anderen Ländern in Gefahr. Von Bolsonaro kam bisher wenig Erbauliches: »Ich heiße zwar Messias, aber Wunder kann ich keine bewirken.« Wer einen solchen Präsidenten hat, braucht kein Coronavirus als Feind mehr.
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