Nazi-Dreck auf Facebook

Das Projekt Hassmaschine hat 2,6 Millionen Posts auf dem sozialen Netzwerk analysiert - mit erschreckenden Ergebnissen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

In der Theorie macht Facebook seinen Nutzer*innen eine deutliche Ansage: »Hassrede schafft ein Umfeld der Einschüchterung und Ausgrenzung und kann offline Gewalt fördern. Deshalb lassen wir Hassrede auf Facebook nicht zu«, heißt es unmissverständlich in den Gemeinschaftsstandards des sozialen Netzwerkes. Dass dies kaum mehr als eine folgenlose Ankündigung ist, sieht jeder, der sich länger als fünf Minuten auf der Plattform bewegt. Besonders unkontrolliert breiten sich Hetze, Rassismus, Sexismus und all die anderen Abgründe der Gesellschaft in Facebook-Gruppen aus, die schon im Namen vielsagende Wortkombinationen aus Begriffen wie »Deutschland«, »Patrioten« und »Widerstand« tragen.

Das Projekt Hassmaschine, eine Recherche von BR, NDR und WDR, hat sich 138 solcher Gruppen genauer angeschaut und dafür 2,6 Millionen Posts und Kommentare aus den Jahren 2010 bis 2019 ausgewertet. Schon mittels einer simplen Schlagwortsuche fanden sie »mehr als eintausend mutmaßlich rechtswidrige Inhalte«, darunter verbotene NS-Symbole, Aufrufe zur Vergewaltigung und antisemitische Hetze. In über 10 000 Fällen handelte es sich um schwere Beleidigungen, viele davon rassistischer Art. »Die Auswertung zeigt, dass sich der Anteil der anstößigen und hassgeladenen Sprache in den analysierten Gruppen zwischen 2012 und 2018 vervierfacht hat«, so ein Fazit der Recherche. Zudem bleiben viele Beiträge über mehrere Jahre abrufbar, ohne dass Facebook etwas dagegen unternimmt oder diese löscht.

Besonders interessant: 25 der 138 untersuchten Gruppen, zu denen Nutzer*innen meist erst Zugang erhalten, wenn sie von einem Administrator freigeschaltet wurden, weisen einen Bezug zur AfD auf. Oft taucht der Parteiname im Titel auf, obwohl es sich um keine offiziellen Gruppen der Organisation handelt. Allerdings tummeln sich laut Recherche mehrere Bundes- und Landtagsabgeordnete der AfD darin.

Durch einen Mann namens Michael erhielten die Journalist*innen Zugang: 2015 wird er Mitglied in einer dieser geschlossenen Gruppen und taucht in den folgenden Monaten immer mehr in diese Zirkel ein. Einmal angefangen, entwickelt sich eine Art Sogwirkung, ausgelöst durch den Facebook-Algorithmus. Dieser ist darauf trainiert, Nutzer*innen entsprechend ihrer Vorlieben weitere Inhalte vorzuschlagen. Ist man einmal Teil einer Gruppe, die sich für ein Thema interessiert, schlägt einem das Netzwerk automatisiert weitere ähnliche Gruppen vor. Und was bei harmlosen Dingen wie Strick- oder Yogagruppen funktioniert, klappt auch bei Gruppen, in denen Verschwörungserzählungen verbreitet oder der Holocaust relativiert werden.

2017 erkennt Michael, in was für Gruppen er sich bewegt, und beginnt, Hassbeiträge bei Facebook zu melden. Weil einiges nicht gelöscht wird, erstellt er eine Liste mit 180 Gruppen und kontaktiert die Journalist*innen. Die recherchieren und melden sich unter falschen Namen in den Gruppen an. Was sie entdecken? »Hassrede, Mordaufrufe, Volksverhetzung«.

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