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Die Postkarte lebt!
Dr. Steffen Schmidt ist Wissenschaftsredakteur des «nd» und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere, diese Woche zum 150 Geburtstag der Postkarte.
Am 12. Juli wird die Postkarte in Deutschland 150 Jahre alt. Schreibst du noch welche?
Selten. Aber das «nd» bekommt noch jede Menge: Die Leser schicken so ihre Rätsel-Antworten.
Weißt du den aktuellen Postkartentarif?
Nein, weil ich schon lange keine mehr selbst geschickt habe, hat mich das nicht so interessiert.
Ich hab kürzlich eine an meine in Rente gegangene Zahnärztin versendet, um mich für ihre Arbeit zu bedanken: 60 Cent.
Das ist schon ein ordentlicher Preis.
Auf der Postkarte an meine Zahnärztin war eine Superheldin zu sehen, die sagt: «Du bist super». Die ersten Postkarten hatten das nicht, da gab’s nur Text.
Das waren sogar fast Formulare, völlig unpersönlich gehalten.
Heute schreibt man stattdessen Mails und Textnachrichten. Angeblich sind die wie Postkarten: Jeder, der will, kann mitlesen.
Genau, jeder, der auf der Strecke sitzt. Nur dass das heute nicht mehr der Postbote ist, sondern eben die NSA oder der Bundesnachrichtendienst oder wer sonst noch an irgendwelchen Schaltstellen sitzt.
Zu ihrem Beginn galt die Postkarte als unsittlich, als zu intim.
Wenn ich bedenke, was man auf Ansichtskarten schreibt, was ich bei früheren Ferienaufenthalten als Kind geschrieben habe, dann war es völlig egal, wer das las. «Das Wetter ist schön, wie ist es bei euch?
Der klassische Postkartengruß. Wenn man Pech hat, ist der wirklich eine Zumutung.
Es gibt noch ein Problem: Weil die Menschen kaum noch mit der Hand schreiben, wird die Handschrift nicht unbedingt schöner. Das kalligraphische Element der Handschrift ist noch mehr im Aussterben begriffen als die Postkarte.
Das Motiv ist wichtiger. Leider ist es oft vorhersehbar, das Individuelle ist oft abgestreift.
Wer in Paris ist, der verschickt natürlich einen Eiffelturm. Doch die Ansichtskarte ist nicht alles. Früher wurde die Post mehrmals am Tag ausgeliefert. Man konnte so durchaus eine Fernschach-Partie spielen, ohne dass man dabei ewig auf den nächsten Zug warten musste.
Die DDR als untergegangene Sportnation hat ihre letzte Medaille bei der Fernschach-Olympiade geholt. Die war erst 1995 beendet. Die Züge wurden per Postkarte übermittelt.
Der Nachteil der Postkarte ist, dass sie oft sehr spät ankommt. Oft ist der Urlauber schneller wieder da als seine Postkarte.
Eine Erinnerung an die Zeitlichkeit.
Dass nicht alles einfach sofort geht. Ein Gedanke, der heute ja nicht mehr ganz so selbstverständlich scheint.
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