Freibrief für Apples Steuertricks
Gericht sieht keinen Beleg für illegale Beihilfen Irlands
Das Urteil ist ein Schock für die EU-Kommission und alle, die gegen besonders dreiste Steuersenkungspraktiken von Unternehmen vorgehen wollen: Das Gericht der Europäischen Union hat die von Brüssel verlangte Steuernachzahlung des Apple-Konzerns von 13 Milliarden Euro in erster Instanz annulliert. Die EU-Kommission habe nicht aufzeigen können, dass ein Verstoß gegen europäisches Beihilfenrecht vorliege, erklärten die Richter am Mittwoch in Luxemburg zur Begründung.
In dem Fall ging es um Steuerpraktiken aus den Jahren 1991 bis 2014. Apple hatte damals zwei Tochterfirmen in Irland angesiedelt; einziger Grund waren offenbar besondere Steuervergünstigungen, die Dublin dem US-Elektronikkonzern bot. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ging von einem Verstoß gegen das Beihilferecht aus und verlangte, dass Apple 13 Milliarden Euro an Steuern an den irischen Fiskus nachzahlen müsse. Das Unternehmen, aber auch die irische Regierung klagten gegen die Entscheidung. Apple argumentierte, die Einnahmen der Tochterfirmen seien in den USA zu versteuern. Der Konflikt eskalierte auch verbal: So bezeichnete Konzernchef Tim Cook die Kritik Vestagers, Apple habe in Irland im Jahr 2014 eine Körperschaftsteuer von nur 0,005 Prozent bezahlt, als »politischen Dreck«. Selbst die US-Regierung übte Druck auf Brüssel aus.
Allerdings wurden auch Argumente ausgetauscht: So bestritt die EU-Wettbewerbskommission nicht, dass ein Großteil des geistigen Eigentums bei Apple in den USA entstehe. Allerdings habe die irische Steuerbehörde nicht die notwendigen Analysen des gesamten Geschäfts der Apple-Töchter durchgeführt, um entscheiden zu können, welcher Anteil der Gewinne wo versteuert werden musste. Die Luxemburger Richter bestätigten, dass Apples damalige Steuervereinbarungen unzureichend dokumentiert worden seien - dies reiche aber nicht aus, um eine unzulässige staatliche Beihilfe festzustellen. Die Kommission hätte belegen müssen, dass die Gewinne aus Aktivitäten der irischen Tochterfirmen entstanden seien.
Dies klingt wie ein Freibrief für Unternehmen, die durch undurchsichtige interne Gewinnverlagerungspraktiken ihre Steuern extrem minimieren können. Längst gibt es auf internationaler Ebene Vorstöße der OECD, gegen diese Tricks vorzugehen. Auch die EU-Kommission hat Gesetzesänderungen vorgeschlagen, wobei einige Staaten wie eben Irland diese bisher blockieren.
Vor allem für Wettbewerbskommissarin Magrethe Vestager ist das Urteil eine schwere Niederlage. Sie hatte als erste einen Kampf gegen die zahllosen dubiosen Steuervergünstigungen begonnen, die EU-Staaten einzelnen Konzernen gewähren. Mit dem Vorgehen gegen die Steuerdeals von Fiat Chrysler in Luxemburg gewann die Kommission vor Gericht, im Fall von Starbucks in den Niederlanden unterlag sie. Apple war mit Abstand der umfangreichste Fall.
Noch aber ist nichts verloren. Die EU-Kommission hat zwei Monate Zeit, um gegen das Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof Berufung einzulegen.
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