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Alle zurück in die Klassen
Nach den Ferien sollen die Schulen wieder funktionieren. Dabei wirken die Folgen des Lockdowns nach
Die Bundesländer streben nach den Sommerferien zwar einen weitgehenden Regelbetrieb der Schulen an, doch dass der Unterricht tatsächlich reibungslos stattfinden wird, daran zweifeln nicht wenige. »Das neue Schuljahr soll so normal wie möglich sein, aber es wird dennoch kein normales Schuljahr werden«, erklärte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek zuletzt etwas nebulös. Die Christdemokratin pocht auf die von den Kultusministern vereinbarten Vorsichtsmaßnahmen, die einzuhalten seien. »Sonst gefährden wir gleich wieder die Schulöffnungen.« Sie rechnet in den kommenden Monaten noch mit lokalen Infektionsausbrüchen, auf die schnell und konsequent reagiert werden müsse.
Wie jedoch die Hygienekonzepte konkret aussehen werden, ist noch unklar. Schließlich wird eine Wahrung des Abstands in den Klassenräumen beim Unterricht mit allen Schülern nicht mehr möglich sein. Diskutiert wird derzeit, ob andere Lüftungskonzepte, Schutzmaskenpflicht im Klassenraum oder eine Isolierung von Lerngruppen sowie regelmäßige Testungen helfen können. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, bemängelt, dass die Kultusminister von Bund und Ländern noch immer kein differenziertes neues Schulöffnungskonzept vorgestellt haben. Nur Kinder bis etwa zehn Jahre gelten nämlich Studien zufolge als weniger infektiös als Erwachsene. Auch die Erziehungsgewerkschaft GEW hat die Kultusminister kritisiert, keinen »Plan B« ausgearbeitet zu haben, falls die Infektionszahlen erneut steigen sollten.
Unsicherheit bleibt also, ob der Regelbetrieb tatsächlich störungsfrei ablaufen wird. Der Druck, der auf dem Schulbetrieb lastet, ist immens. Bildungsforscher Aladin El-Mafaalani von der Universität Osnabrück befürchtet weitere soziale Ausnahmesituationen, sollte sich die Hängepartie aus dem letzten Schuljahr weiter hinziehen. Die Auswirkungen des Lockdowns seien schon jetzt »problematisch bis verheerend«. In vielen Familien ist die Situation angespannt, und die Voraussetzungen fürs Homeschooling sind nicht die besten. Aus Untersuchungen wisse man, so El-Mafaalani, »dass die Ungleichheit wächst, wenn Schule nicht stattfindet«. Demnach spreche einiges für die Annahme, dass »die Coronakrise ohnehin benachteiligte Schüler dauerhaft negativ beeinflusst«. Umso wichtiger ist es daher nach Meinung des Bildungsforschers, so schnell wie möglich aus dem Krisenmodus herauszukommen.
Der Lehrerverband hat für einen Neustart einen zehn Punkte umfassenden Forderungskatalog aufgestellt. Grundlage für das Lernen soll ein Präsenzunterricht sein, der digital unterstützt wird, und der, wenn es die Infektionslage erfordern sollte, nahtlos in ein Distanzlernen umgestellt werden kann. Ein solcher Unterricht ermögliche Flexibilität, erläutert Meidinger.
Das dürfte allerdings ein ambitioniertes Vorhaben sein. Schließlich gibt es bei der digitalen Ausstattung der Schulen vielerorts noch immer große Mängel, worauf unlängst auch die GEW hingewiesen hat. Deren Vorsitzende, Marlis Tepe, sprach von einem »unerträglichen Zustand, dass 90 Prozent der Lehrkräfte ihre privaten Endgeräte nutzen müssen, um Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern zu halten«. Sie rief Bund, Länder und Kommunen dazu auf, noch stärker zu investieren, als dies bisher im »Digitalpakt Schule« vorgesehen ist. Auch Kinder und Jugendliche müssten schnell und unbürokratisch mit Geräten und Programmen ausgestattet werden. Darüber hinaus sieht Bildungsministerin Karliczek Bedarf an digitaler Weiterbildung der Lehrkräfte. »Die Anschaffung der Infrastruktur reicht nicht, wenn die Lehrer die Möglichkeiten nicht anwenden können.« Es gibt also in verschiedenen Bereichen Nachholbedarf, um fürs nächste Schuljahr gerüstet zu sein.
Über einen digital unterstützten Präsenzunterricht hinaus fordert der Lehrerverband zusätzliche Förderangebote, um Schüler mit Lernrückständen gezielt unterstützen zu können. In der Umsetzung dürfte das allerdings nicht einfach werden. Schließlich müssen die Schulen dafür Personal bereitstellen, und in vielen Einrichtungen herrscht ohnehin ein gravierender Lehrermangel. Meidinger schlägt daher vor, alle Lehramtsanwärter auf den Wartelisten sofort einzustellen. Damit könnten seinen Berechnungen zufolge 10 000 zusätzliche Lehrkräfte gewonnen werden.
Trotz der individuellen Förderungen wird es in den Klassen voraussichtlich große Unterschiede beim Wissensstand geben. Nicht alle Schüler werden den massiven Unterrichtsausfall im Frühjahr gleich gut kompensieren können. Der Lehrerverband erwägt daher, Schülern, die zurückfallen, freiwillige Wiederholungen der Klasse auch zur Hälfte des Schuljahres zu ermöglichen. An den Leistungsstandards hingegen will der Verband nicht rütteln. Damit würde nämlich die Bildungsstruktur insgesamt ausgehöhlt, so seine Befürchtung.
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