Gute Besserung
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Sein Zustand habe sich in letzter Zeit derart verschlechtert, dass er einfach nicht mehr weitermachen könne. Am Freitag ist der rechtskonservative Premierminister Japans, Shinzo Abe zurückgetreten, nachdem er Japan seit Ende 2012 regiert hat. »In diesen beinahe acht Jahren habe ich jeden Tag mit voller Kraft gearbeitet«, sagte er mit stockender Stimme und verbeugte sich. Es tue ihm leid, dass er aufhören müsse - aus Gesundheitsgründen.
Einige Tage zuvor hatte der 65-Jährige einen neuen Rekord als der am längsten regierende Premierminister seines Landes aufgestellt. Allerdings wird der in Tokio geborene und aufgewachsenen Abe nicht nur als langlebiger Mann an der Spitze in Erinnerung bleiben, sondern auch als einer, der nicht annähernd das halten konnte, was er versprochen hatte. Ob es um Ökonomisches, Diplomatisches oder Verfassungspolitisches geht - Abe hat immer wieder den Mund zu voll genommen. Dieser Eindruck hat sich, nachdem er für lange Zeit bemerkenswert fest im Sattel gesessen hatte, zuletzt auch in der Öffentlichkeit durchgesetzt. Umfragen zeigten über die vergangenen Wochen, dass nur noch rund ein Drittel der Bevölkerung mit Abes Arbeit zufrieden war. Nach einigen Affären um Vetternwirtschaft und allzu laxe Verwendung von Steuergeldern war hierfür zuletzt seine unglückliche Reaktion auf die Coronapandemie verantwortlich. Zu Beginn spielte Abe die Gefahr des Virus herunter - womöglich, um die für diesen Sommer geplanten Olympischen Spiele in Tokio zu retten.
Inmitten mehrerer Drohgebärden gegen Journalisten und eines neuen Staatsgeheimnisgesetzes ist Japan unterdessen im internationalen Vergleichen der Pressefreiheit weitabgefallen. Ein Verfassungsentwurf von Abes Partei sieht vor, das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken, sobald deren Ausübung der öffentlichen Ordnung schade. Allerdings hat Abe auch dieses Vorhaben nicht umsetzen können - ebenso wie seine damit verbundene Herzensangelegenheit, den pazifistischen Artikel 9 in der Verfassung zu streichen. Felix Lill
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