- Politik
- Belarus
Verhaftungen bei Frauenmärschen
USA und EU wollen noch diese Woche gemeinsame Sanktionen gegen Belarus verabschieden
In Belarus haben am Sonntag erneut Zehntausende gegen Präsident Alexander Lukaschenko demonstriert. Die größten Proteste gab es in der Hauptstadt Minsk. Dort gingen insgesamt 50 000 Menschen auf die Straße, das sind allerdings weniger als zuletzt.
Polizisten nahmen vereinzelt Demonstranten fest, die Menschenrechtsgruppe Viasna sprach am Nachmittag von mindestens 16 Festnahmen in Minsk und acht in anderen Städten. In Brest feuerte die Polizei bei einer Demonstration nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA-Nowosti einen Warnschuss in die Luft.
Die belarussische Regierung ist offenbar nicht gewillt, der Protestbewegung die Straße zu überlassen. Zwar hat Präsident Alexander Lukaschenko öffentlich wiederholt seine Bereitschaft geäußert, mit der Opposition einen Dialog führen zu wollen. Allerdings gehen staatliche Sicherheitskräfte nach wie vor repressiv gegen die Protestbewegung vor. Am Sonntagmorgen trafen Militärfahrzeuge und gepanzerte Mannschaftstransporter in der Minsker Innenstadt ein. Sicherheitskräfte sperrten den Unabhängigkeitsplatz mit Metallgittern ab und errichteten Stacheldrahtbarrieren. Zudem wurden mehrere U-Bahn-Stationen im Stadtzentrum geschlossen.
Zahlreiche Verhaftungen gab es auch beim wöchentlichen »Frauenmarsch« am Samstag. Nach Angaben des Innenministeriums wurden 430 Protestierende festgenommen.
Insgesamt wurden seit dem Beginn der Proteste in Belarus über 6700 Menschen verhaftet, Hunderte wurden verletzt. Zudem bestätigte das Innenministerium offiziell den Tod von drei Protestierenden.
Während die Vereinten Nationen in der vergangenen Woche wiederholt über die Lage in Belarus diskutiert haben, gehen die Europäische Union und die USA schon einen Schritt weiter: In einer Erklärung des US-Außenministeriums hieß es, dass Anfang oder Mitte der Woche in Absprache mit der EU gemeinsame Sanktionen gegen Belarus verabschiedet werden könnten. Die wiederkehrenden Appelle an die belarussische Regierung, Menschenrechte und demokratische Verfahren zu achten, scheinen aber nicht für westliches Kapital zu gelten. Der zweitgrößte Mobilfunkanbieter des Landes, das österreichische Unternehmen A1, erklärte am Sonntag, die Bandbreite des mobilen Internets sei im Auftrag staatlicher Stellen verringert worden.
Der belarussische Innenminister Wladimir Makej sagte derweil, sein Land behalte sich im Falle von Sanktionen Gegenmaßnahmen vor, darunter Einschränkungen für im Land tätige ausländische Medien und personenbezogene Sanktionen gegen Vertreter der EU und anderer Länder. Im äußersten Fall würde Belarus auch seine Mitgliedschaft in internationalen Initiativen und Organisationen überdenken.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.