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  • Beilage zur Buchmesse Frankfurt Main

Ein Gruß von Herzen

In dieser Beilage stellen wir ein paar Neuerscheinungen vor, die wir wichtig finden

  • Lesedauer: 3 Min.

Corona macht es möglich: Die Frankfurter Buchmesse findet statt, nur ohne Messe. Es gibt in den Hallen keine Aussteller, keine Verlage zu besichtigen. Aber es gibt Lesungen und Diskussionen in der Stadt, im Rundfunk und im Internet.

Denn: Gelesen wird immer. In der Quarantäne, im Homeoffice, ganz normal auf dem Sofa oder mit Maske in der U-Bahn. In dieser Beilage stellen wir ein paar Neuerscheinungen vor, die wir wichtig finden.

Kanada, das Gastland der Buchmesse, ist 2021 schon wieder dran, weil es 2020 nicht sein sollte. Es wird ein Jahr in die Zukunft verschoben. Wird man nächstes Jahr wieder unbeschwert reisen können? Wohin man will?

Wenn Kanada aus der Zukunft grüßt, dann grüßen wir aus der schönen, sehnsuchtsvollen Vergangenheit - mit alten Postkarten, die diese Beilage illustrieren. Sie stammen aus der Sammlung des Schweizer Schauspielers und Kabarettisten Beat Schlatter. Er hat 400 ausgewählt und in dem splendiden Bildband »Postcards« versammelt, der im Christoph-Merian-Verlag erschienen ist. Die meisten dieser Karten zeigen Motive aus Frankreich, Italien, Deutschland und Spanien - die beliebtesten Urlaubsländer der Schweizer. Bei den Deutschen kommen noch Griechenland und Österreich dazu. »Postkarten geben einem Dorf, einer Stadt, ein Landschaft ein Gesicht«, schreibt Schlatter in der Einleitung. »Es ist ein geschminktes Gesicht.« Es gibt auf diesen Karten niemals Regen und oft keine oder nur sehr wenige Menschen - sieht man von den klassischen Strandmotiven ab: ein Meer von Menschen unter Sonnenschirmen vor dem Meer. Die sehen sich alle zum Verwechseln ähnlich.

Schlatters »Postcards« ist ein Reisebilderbuch mit hohem Schauwert. Auch wegen des eigenwilligen Retro-Chics: »Die Karten stammen aus den 1960er- bis in die 1980er Jahre, als die Farben der Auto und Kleider noch bunter waren, die Schriften noch runder«, schreibt Schlatter, der seine Postkarten motivisch geordnet präsentiert: von den Blumen über die Brunnen, Berge, Kirchen und Strände bis zu den Orten bei Nacht. Darin versteckt sind skurrile Unterabteilungen wie Gipfelkreuzkarten, Autobahnkarten, Hallenbadkarten und Gruß-Geometrien - Fotos, eingerahmt von gewagten Ovalen, Sternen, Dreiecken und Buchstaben. Tolle Sachen gibt es da zu entdecken.

Dient eine Postkarte mehr dem Beweis, dass man an einem Ort war oder dass man jemanden grüßen möchte? Ist sie Angabe, Anerkennung oder Dokumentation? Egal, die Postkarte ist ein Massenprodukt, das individuell benutzt wird. Andererseits wurden die meisten Postkarten in den Kriegen versendet, schreibt Claus Donau im Nachwort dieses Bandes - als Zeichen dafür, dass man noch lebt. Doch auch heute gilt: »Eine Postkarte aus dem Briefkasten zu nehmen, gleicht einer rituellen Handlung.« Trotz Sprachnachrichten, Whatsapp und SMS per Mobiltelefon. Das Wichtigste an der Postkarte, die man mittlerweile auch als digitales Unikat herstellen kann, ist laut Donau das Versprechen: »Ein kurzer Gruß von Herzen, den Rest erzähle ich, wenn wir uns sehen.« Bis dahin lesen wir einfach ein paar gute Bücher. cm

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