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Zapatistas gehen auf Welttournee

Rebellen aus Chiapas wollen Virus des Widerstands gegen Kapitalismus, Patriarchat und Rassismus verbreiten

  • Luz Kerkeling
  • Lesedauer: 3 Min.

Im April 2021 will die Zapatistische Befreiungsarmee (EZLN) eine Delegation aus Mexiko in die ganze Welt schicken. Diese wird hauptsächlich aus Frauen »und anderen Geschlechtern« bestehen, wie die Zapatistas schreiben. Die Kämpfe von Frauen haben schon seit Jahren eine große Bedeutung in Mexiko, es gibt viele Morde und Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen - aber auch viel selbst organisierten Widerstand dagegen. Bei einem von Zapatistinnen organisierten Treffen in dem von ihnen kontrollierten Territorium kamen 2018 über 5000 Teilnehmerinnen zusammen.

Es ist das erste Mal seit ihrem Aufstand, dass eine größere Delegation der EZLN andere Länder der Welt bereist. Am 1. Januar 1994 hatte sie sich aus Anlass des an diesem Tag in Kraft getretenen nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas gegen Ausbeutung und Unterdrückung erhoben. Zuvor mussten viele Menschen unter sklavereiähnlichen Bedingungen leben. Etwa 15 000 Menschen starben jährlich in dem Bundesstaat, der etwas größer als Bayern ist, an heilbaren Krankheiten, weil die große Mehrheit der Bevölkerung von den lokalen Eliten und der mexikanischen Regierung ignoriert wurde. Vor allem indigene Menschen litten unter den Verwerfungen der politisch-ökonomischen Eliten.

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Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Die zapatistische Bewegung hat mit ihrem Aufstand Chiapas verändert. Seit 1994 wurden erfolgreich autonome Strukturen geschaffen und verteidigt. Das Spektrum umfasst Gesundheit, Bildung, Frauenrechte, Verwaltung, Produktion, Rechtsprechung, Medien und Umweltschutz. Dort, wo die plurikulturell indigen geprägte Bewegung der Zapatistas in Chiapas das Sagen hat, gibt es inzwischen eine deutliche Verbesserung der Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung. Zudem war und bleibt die EZLN eine Widerstandsbewegung, die zahlreiche linke Bewegungen in der Welt inspiriert und mit ihnen im Austausch ist.

Im Rahmen der Rundreise von 2021 werden die Delegierten zunächst per Schiff mehrere europäische Länder bereisen. Damit wird symbolisch die vermeintliche »Eroberung« Lateinamerikas anti-kolonial konterkariert. Gleichzeitig betont die Bewegung, dass die indigene Bevölkerung niemals unterworfen werden konnte. EZLN-Sprecher Subcomandante Moisés erläuterte jüngst in einem Kommuniqué die Beschlüsse: »Dass wir nach dem Bereisen verschiedener Winkel Europas von unten und links am 13. August 2021 in Madrid ankommen werden, der Hauptstadt Spaniens - 500 Jahre nach der angeblichen Eroberung (spanisch: Conquista) dessen, was heute Mexiko ist. Und dass wir gleich danach den Weg fortsetzen werden.«

Auch eine Gruppe des linksgerichteten, parteiunabhängigen Nationalen Indigenen Kongresses (spanisch CNI) aus vielen anderen mexikanischen Bundesstaaten soll an der Rundreise teilnehmen. Ein wichtiger Aspekt ist hier der Widerstand gegen mehrere technikgläubige und neoliberale »Entwicklungsprojekte« wie den »Maya-Zug«, der Südmexiko für Luxustourismus und die Plünderung der Naturressourcen erschließen soll, sowie ein Gaskraftwerk im Bundesstaat Morelos nahe Mexiko-Stadt. 2019 wurde der indigene Umwelt-, Sozial- und Medienaktivist Samir Flores ermordet, weil er in Morelos als eine wichtige Stimme des Widerstands galt. Die Zapatistas haben dazu eine klare Einschätzung: »Hier, in Morelos, synthetisiert sich die aktuelle Konfrontation in aller Welt: Geld versus Leben.«

In ihren jüngsten Erklärungen warnt die zapatistische Bewegung - auch in Bezug auf Corona - vor wieder erstarkenden Nationalismen und kriegerischen Handlungen, die laut ihrer Einschätzung dazu dienen, dass der Kapitalismus weiterhin funktioniert und wieder mehr konsumiert wird, auch wenn benachteiligte Bevölkerungsgruppen in vielen Ländern darunter leiden oder sogar sterben.

Mit ihrer neuen Initiative wollen die Zapatistas die Resignation durchbrechen, Hoffnung säen und den kapitalistischen Status quo wieder einmal erschüttern. Wie häufig in ihren Texten schließt die jüngste Verlautbarung humorvoll und gleichzeitig rebellisch: »Wir sind Zapatist*innen, Träger*innen des Virus des Widerstandes und der Rebellion. Als solche werden wir die fünf Kontinente bereisen. Das ist alles … für jetzt.«

Mehr zu Menschenrechten und sozialen Widerständen in Mexiko auf www.chiapas.eu

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