Werbung

Tiefer gehen, rausfahren!

Max und Moritz analysieren im Chat und Podcast den US-Wahlkampf

  • Max Böhnel und Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.
MUM20 - Tiefer gehen, rausfahren!

Max: Lass uns über die Medien und den US-Wahlkampf reden, Moritz. du bist ja nicht nur zu uns gekommen, um die schönen Herbstblätter zu genießen, sondern du hast ja auch einiges vor.

Moritz: Ich habe mir einen Camper gemietet und werde die nächsten drei Wochen ein bisschen durch die Lande tingeln. Genauer gesagt, wahrscheinlich durch Pennsylvania und vielleicht ein, zwei andere Staaten. Ich will auf jeden Fall ein bisschen flexibel sein, um hinfahren zu können, wenn irgendwo etwas Wichtiges passiert.

Wie siehst du die deutsche Berichterstattung über die USA?

Ein Problem ist, dass zu oft Journalismus aus der Distanz gemacht wird, aus Washington D. C. - ganz nah dran an der offiziellen Regierungspolitik. Das Ergebnis ist ein Journalismus, der stark fokussiert ist auf Donald Trump. Beim »nd« haben wir schon aufgehört - auch wenn es im Agenturticker immer wieder kommt -, die tägliche Trump-Meldung zu machen. Ein großer Teil der deutschen US-Berichterstattung ist sehr oberflächlich. Das ist menschlich. Denn ein, zwei Korrespondenten in Washington haben selten Zeit, für einen Text drei Tage in dieses Riesenland rauszufahren, um einzufangen: Was denken denn Menschen etwa in Ohio? Ich will ein bisschen tiefer gehen.

In deiner Berichterstattung machst du öfter auch Datenjournalismus. Wie gehst du vor, warum ist das wichtig?

Ich habe vorher eine Analyse gemacht - das kann man gut vom Berliner Schreibtisch aus machen: Wo gibt es progressive Demokraten-Kandidaten und welche Wahlchancen haben sie? Wie haben diese Wahlkreise in der Vergangenheit gewählt? Dabei habe ich mir einen Bezirk rausgepickt in Upstate New York, der von einem Republikaner vertreten wird, obwohl 2016 Clinton diesen Wahlkreis gewonnen hat. Das ist unentschiedenes Territorium, und da tritt die Parteilinke Dana Balter an. Sie hat Siegchancen und könnte dann den linken Flügel im Parlament verstärken. Datenjournalismus kann eine gute Korrektur sein zu schlechtem und oberflächlichem »Medienexpertentum«, wenn zu schnell zu Schlussfolgerungen gesprungen wird. Prominente Datenjournalisten haben 2016 noch ein paar Tage vor der Wahl gesagt: »Leute, Donald Trump ist nur einen durchschnittlichen Umfragefehler von der Präsidentschaft entfernt.« Aber so genau hat dann keiner mehr hingeguckt, die Medien sind dem Unvermeidlichkeits-Spin der Clinton-Kampagne auf den Leim gegangen. Jetzt ist man vorsichtiger.

Max, was meinst du: Haben die US-Medien gelernt aus 2016?

Was leider immer noch passiert: Trump sondert Müll ab - die Medien mit Bullshit fluten, das war laut Steve Bannon schon 2016 explizite Strategie -, und der Müll wird im US-Fernsehen dann hin und her gewendet und analysiert, statt ihn einfach außen vor zu lassen. Der alte journalistische Grundsatz »Du musst beide Seiten zu Wort kommen lassen« gilt nach wie vor. Aber es gab auch Fälle, wo TV-Sender bei offensichtlichen Propaganda-Coronavirus-Briefings einfach weggeschaltet haben; Trump-Veranstaltungen werden weniger gezeigt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.