USA steigen aus Pariser Klimaabkommen aus

Linksfraktion beklagt politischen »Super-Gau« und fordert Einwirken Deutschlands - Bundesumweltministerin Schulze lob internationale Zusammenarbeit

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Washington. Die USA sind nicht mehr Mitglied des UN-Klimaabkommens von Paris. Die Kündigung trat am Mittwoch um Mitternacht New Yorker Ortszeit in Kraft, wie das Klimasekretariat der Vereinten Nationen zuvor erklärt hatte - vier Jahre, nachdem die internationale Vereinbarung zur Begrenzung des Klimawandels in Kraft getreten ist, und ein Jahr nach der formellen Austrittserklärung der US-Regierung. Die USA sind das erste und bisher einzige Land, das das Klimaabkommen verlassen hat.

Die Bundesregierung hat den Austritt der USA bedauert und sieht Europa und auch Deutschland damit umso mehr in der Pflicht beim Klimaschutz. Für die internationale Klimapolitik sei es »höchst bedauerlich«, dass die Vereinigen Staaten am Mittwoch offiziell ausgeschieden seien, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. »Um so wichtiger« bleibe es nun, dass die EU und Deutschland »mit gutem Beispiel vorangehen«. Seibert erinnerte an die Zusage Deutschlands, bis 2050 klimaneutral zu werden, also unterm Strich keine Treibhausgase mehr auszustoßen.

Optimistisch zeigte sich auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Trotz des bevorstehenden Austritts der USA sieht die Politikerin die internationale Zusammenarbeit beim Klimaschutz auf gutem Weg. »Anders als man vor drei Jahren vielleicht befürchten musste, hat sich der Rest der Welt nicht von der Trump-Regierung anstecken lassen«, sagte die Ministerin gegenüber Medien. »Das weltweite Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen bleibt felsenfest«, fügte sie hinzu. Das Jahr 2020 habe gezeigt, dass sich entscheidende Staaten sehr engagiert an das hielten, was man gemeinsam in Paris verabredet habe. »China hat angekündigt - übrigens nach dem EU-China-Gipfel - bis 2060 klimaneutral werden zu wollen. Japan und Südkorea haben Klimaneutralität bis 2050 angekündigt«, so Schulze.

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Jürgen Hardt, sieht derweil wenig Chancen für eine Neuauflage des Pariser Klimaabkommens im Falle einer zweiten Amtszeit von Donald Trump. »Der Ausstieg aus dem Paris-Abkommen zum Klima ist einer der Punkte, die zum guten Abschneiden Trumps bei diesen Wahlen beigetragen haben«, sagte Hardt gegenüber Medien. Ein gutes Wahlergebnis für den Republikaner könne man schon jetzt, unabhängig vom endgültigen Wahlausgang, attestieren, so Hardt. Für viele amerikanische Wählerinnen und Wähler sei die Wirtschaft ein entscheidendes Thema gewesen. »Die Menschen haben Angst, dass ihre Arbeitsplätze gefährdet sind, wenn es durch die Klimapolitik Einschnitte gibt«, sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.

Kritischere Stimmen gab es derweil von der oppositionellen Linksfraktion. »Der vollzogene Austritt der USA aus dem Parisabkommen mitten in der Klimakrise ist ein klimapolitischer Super-Gau«, sagte der klimapolitische Sprecher der Partei im Bundestag, Lorenz Gösta Beutin. 2020 sei so viel CO2 in der Atmosphäre wie nie in der Menschheitsgeschichte, während sich Trumps USA als historisch größter CO2-Verursacher aus dem Staub mache. »Es gilt zu hoffen, dass ein demokratischer Präsident dem Abkommen so schnell wie möglich wieder beitritt und es nicht zu einem Austritts- Dominoeffekt anderer Staaten kommt«, so Beutin weiter. Der Abgeordnete forderte die Bundesregierung weiterhin auf, außenpolitisch »klar Stellung« zu beziehen und im Rahmen der U-Ratspräsidentschaft auf den atlantischen Partner einzuwirken. Ein EU-USA-Freihandelsabkommen könne es etwa für Beutin ohne Klimaschutz nicht geben.

2015 hatte sich die Staatengemeinschaft bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris darauf geeinigt, den Klimawandel auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Ein Jahr später hatten bereits ausreichend Staaten das Abkommen ratifiziert, so dass es in Kraft treten konnte. Bestimmte Details zur Umsetzung werden jedoch bis heute verhandelt. Auch reichen weder die Pläne der Staaten noch die bereits beschlossenen Maßnahmen aus, um das Zwei-Grad-Ziel zu schaffen. Die Folgen der Klimakrise sind weltweit spürbar geworden - dazu gehören etwa ein Anstieg der Meeresspiegel, ein höheres Risiko von Dürren, Hitzewellen, schweren Stürmen und Überschwemmungen, aber auch das Abschmelzen von Gletschern und der Eisflächen an den Polen oder das Absterben von Korallenriffen. In zahlreichen Ländern üben Klimabewegungen Druck auf ihre Regierungen zur Einhaltung des Pariser Klima-Abkommens aus.

US-Präsident Donald Trump hat seit seinem Amtsantritt im Januar 2017 viele politischen Vorgaben zum Umweltschutz rückgängig gemacht. Trumps Herausforderer Joe Biden hatte dagegen angekündigt, dem Pariser Klimaabkommen wieder beizutreten und das Ziel zu verankern, die US-Wirtschaft bis 2050 klimaneutral zu machen - das heißt, dass unterm Strich keine zusätzlichen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre gelangen. Auch die Europäische Union will bis 2050 klimaneutral werden.

Der deutsche Klimaforscher Niklas Höhne von der niederländischen Universität Wageningen hatte vorgerechnet, dass allein die Umsetzung von Bidens Klimaplan den globalen Temperaturanstieg um 0,1 Grad verringern würde. »Wenn Biden gewählt wird, rechne ich fest damit«, sagt Weischer. Der Demokrat hätte dann die schwierige, aber nicht unmögliche Aufgabe, in der US-Klimapolitik die vier verlorenen Jahre wieder gut zu machen. nd/Agenturen

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