Hunger tödlicher als Corona

Martin Ling über den Unctad-Bericht zu den ärmsten Ländern

32 Millionen Menschen mehr in extremer Armut. 32 Millionen Menschen mehr, die statistisch mit einem Einkommen von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag ihr Überleben fristen müssen. Das sind Fakten aus dem Bericht der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad).

»Bevor ich an Corona sterbe, sterbe ich an Hunger.« Dieser Satz war schon im Frühjahr in vielen der am wenigsten entwickelten 47 Länder (LDCs) zu hören, denen dieser Unctad-Bericht gewidmet ist - aber auch in vielen Schwellenländern, von Indien angefangen. Infolge der Coronakrise könnte die Zahl der Hungernden weltweit von 820 Millionen auf eine Milliarde steigen, lautet eine Prognose der Welthungerhilfe.

Es ist offensichtlich: Während der Zusammenbruch des Gesundheitssystems in den ärmsten Ländern bisher wohl wegen der überwiegend jungen Bevölkerung ausblieb, ist die soziale Krise in vollem Gang. Hauptgrund für den wirtschaftlichen Absturz sind aber nicht Geschäftsschließungen und lokale Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie, sondern die Rezession der Weltwirtschaft, sagt die Unctad.

Doch es gibt keine soziale und wirtschaftliche Krise, der nicht politisch entgegengewirkt werden kann. Die Rettungspakete in den reichen Ländern zeigen das. Die Länder des Globalen Südens und die LDCs können sich eine solche Neuverschuldung nicht leisten. Umso beschämender ist das Verhalten der reichen G 20-Staaten. Nichts ist aus dem im April in Aussicht gestellten umfassenden Schuldenerlass geworden. Dabei ist klar: Nur ein Schuldenerlass bietet eine notwendige, wiewohl nicht hinreichende Bedingung, um die sozialen Folgen der Coronakrise in den Griff kriegen zu können. In Sicht ist er nicht. Im Gegensatz zu wachsender Armut und Hunger.

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