- Politik
- Unterlassungserklärung
De Masi besiegt Merz
Unterlassungsforderung des CDU-Politikers ohne Erfolgsaussicht
Am 6. Dezember fasste Fabio De Masi auf Twitter das politische Wirken von Friedrich Merz prägnant zusammen. »Friedrich Merz auf einem Bierdeckel. 1997 votierte er gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung, wenn sie in der Ehe stattfindet. 2000 fordert er Rente ab 70, 2004 Abschaffung des Kündigungsschutzes und 2006 klagt er gegen die Veröffentlichung von Nebeneinkünften von Abgeordneten. Noch Fragen?«, schrieb der Linke-Bundestagsabgeordnete auf dem Kurzbotschaftenportal. Viele Informationen über Entscheidungen und Forderungen des CDU-Politikers, die aus der Sicht von De Masi schlecht für das Land waren. Besonders hervor sticht dabei das Abstimmungsverhalten von Merz in der Frage der Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe. Zwar war das schon 1997 skandalös, doch außer Merz stimmten damals 138 weitere Bundestagsabgeordnete so ab. Trotzdem möchte der Bewerber um den CDU-Vorsitz heute nicht mehr mit der Abstimmung in Verbindung gebracht werden oder zumindest nicht so, wie es De Masi getan hat.
Also schickte Merz De Masi eine Unterlassungserklärung und die Aufforderung, den Tweet zu löschen. Nebenbei versuchte er, seine damalige Position zu erklären. Er habe sich damals für eine »Regelung mit Widerspruchsklausel« eingesetzt. Seine beruflichen Erfahrungen hätten zu der Ansicht geführt, dass »Strafverfahren durch Falschbehauptungen zerstrittener Ehepartner« dem »Schutzinteresse betroffener Frauen eher schaden als nützen würden«. Um die unter anderem von Merz geforderte Widerspruchsklausel ging es in der Bundestagsabstimmung 1997 allerdings gar nicht, sondern nur um die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe.
Jetzt ist klar: De Masi wird seinen Tweet nicht löschen müssen. Das Landgericht Frankfurt am Main, bei dem Merz die Unterlassungserklärung erreichen wollte, teilte mit, dass das Gericht dem Antrag »keine Erfolgsaussicht beimesse«. De Masi habe eine »zusammenfassende Wertung der Debatte« vorgenommen, heißt es in dem Gerichtsschreiben, das De Masi am 30. Dezember zuging und das er am Montagnachmittag ebenfalls auf Twitter veröffentlichte. Allgemein werde die Vergewaltigung in der Ehe erst ab 1997 als Straftatbestand wahrgenommen, vorher seien solche sexuellen Übergriffe nicht »mit allen ihren Bestandteilen« strafbar gewesen, schreiben die Richter. Nach dieser Mitteilung des Gerichts zog Merz seine Unterlassungserklärung zurück.
De Masi bezeichnete die Niederlage von Merz als »kalte Dusche für den Ex-Blackrock-Lobbyisten«. Er halte ihn »charakterlich« für nicht geeignet für das Amt des Kanzlers. Der CDU-Politiker habe wenig Respekt vor Frauen und wolle Beschäftigten und Rentnern »ins Portemonnaie fassen«. Dagegen stelle er sich, so De Masi. Von Merz fordert er, sich dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestages zu stellen und über seine Kontakte zum inzwischen inhaftierten ehemaligen Wirecard-Chef Markus Braun zu berichten. Damit könne Merz einen Beitrag zur Aufklärung des Skandals leisten.
Merz sagte dem »Spiegel«, er habe sich als Blackrock-Aufsichtsratschef zweimal mit Braun getroffen. Es sei dabei um »allgemeine Kapitalmarktthemen« gegangen. Das letzte Treffen soll im September 2019 stattgefunden haben.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.