Die Reporterin
Für den »Stern« in der DDR
Nach dem Mauerfall ist die damalige »Stern«-Reporterin Birgit Lahann sogleich »nach drüben« gefahren. Begleitet von zwei Fotografinnen traf sie SED-Funktionäre, Stasi-Agenten, Oppositionelle und Künstler. 30 Jahre danach offeriert sie ihre Reportagen einer untergegangenen Gesellschaft in einem Buch gebündelt.
Es beginnt mit einem Porträt der Frontfrau der Band »Silly«, Tamara Danz. Viele der von Birgit Lahann interviewten DDR-Prominenten sind bereits verstorben, so auch der Dramatiker Heiner Müller oder der Schauspieler Ulrich Mühe. Manche sind zu Unrecht vergessen, manche zu Recht, wie der mit antisemitischen Äußerungen unrühmlich agierende ostdeutsche Christdemokrat Steffen Heitmann (CDU), der mit dem Segen von Helmut Kohl fast Bundespräsident geworden wäre. Birgit Lahann traf den UN-Botschafter Bernhard Neugebauer, der seinen Staat, die DDR, bei den Vereinten Nationen abzumelden hatte. Ebenso Ibrahim Böhme, den einstigen Hoffnungsträger der SPD, bis er als langjähriger IM enttarnt wurde.
Sie sprach mit Stefan Heym und der Radrennlegende Täve Schur, mit Armin Mueller-Stahl, Hermann Kant, Gregor Gysi, Vera Oelschlegel, Christa Wolf, Lothar de Maizière, Eva-Maria und Nina Hagen, Wolf Biermann, Günter Kunert und Jürgen Fuchs, mit Frank Beyer, Thomas Brussig, Frank Castorf und vielen anderen. Birgit Lahann zeigt Verständnis für die Zerrissenheit so mancher Ost-Biografie. Aus manchen Begegnungen erwuchsen Freundschaften. 30 Jahre würde es dauern, bis Ost und West wieder richtig zusammengewachsen sein würden, hatte die Autorin 1992 prophezeit - und war auf entsetzte Reaktionen gestoßen.
Birgit Lahann: Als endete an der Grenze die Welt. Nach der Wende - Geschichten einer untergegangenen Gesellschaft, J. H. W. Dietz, 312 S., br., 27 €.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.