- Kommentare
- #TeamLauterbach und #TeamDrosten
Die digitale Zivilgesellschaft hält dagegen
In den sozialen Medien erfahren Karl Lauterbach und Christian Drosten Unterstützung nach einem erneuten Shitstorm von rechts
Am Montag ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen zum ersten Mal seit Wochen im Vergleich zum Vorwochenmontag leicht gestiegen. Auch der Sieben-Tagesdurchschnitt der gemeldeten Covid19-Neufälle stieg zum ersten Mal seit langer Zeit leicht. Vielleicht ist das nur ein kleiner »Schluckauf« in den Daten, wie er etwa in den vergangenen Wochen auch bei der stetig sinkenden Inzidenz vorkam, die einige Male für einen Tag stagnierte oder sogar leicht stieg.
Doch es passt zu Warnungen vor einer möglichen dritten Welle und wieder steigenden Neuinfektionszahlen wegen der Verbreitung der ansteckendereren Virus-Mutationen aus Großbritannien und Südafrika. Davor gewarnt hatten, wie in den Wochen und Monaten zuvor auch, der Virologe Christian Drosten und der Epidemiologe Karl Lauterbach - letzter ist auch SPD-Bundestagsabgeordneter. Gegen die beiden Männer und ihre unwillkommenen Prognosen ergoss sich schnell - nicht zum ersten Mal - ein Online-Shitstorm von mehr oder weniger rechten und coronamüden Lockerungsbefürwortern, angeheizt durch den Bayern-Trainer Hansi Flick, der gegen die Corona-Maßnahmen und »Experten« wie Lauterbach gepöbelt hatte.
Dass am Montag und Dienstag in Deutschland auf Twitter die Hashtags #TeamLauterbach und #TeamDrosten trendeten, zeigt: Die linke und liberale Zivilgesellschaft in Deutschland ist aktiv und sie kommt beiden Männern schnell zur Hilfe. Anekdoten von Twitter und Instagram zeigen zunehmenden Widerspruch in den sozialen Netzwerken, wenn Coronaleugner wirres Zeug behaupten oder Politiker wie Armin Laschet in populistischer Absicht um Zustimmung am rechten Rand fischen und mit Blick auf das Inzidenzziel 35 von »erfundenen Grenzwerten« faseln, die sie jedoch selber zuvor mitbeschlossen hatten.
Es ist gut, dass die Zivilgesellschaft im Netz zunehmend aktiv wird und dass die sonst schweigende Mehrheit sich äußert, wenn nötig. Anders als es leider viele Medien, Boulevard-Zeitungen und FDP-Politiker suggerieren: Die Zustimmung zu den Corona-Maßnahmen ist laut Umfragen weiterhin hoch. 72 Prozent tragen laut aktueller Forsa-Umfrage die Verlängerung des Shutdowns bis zum 7. März mit.
Wie können wir besser mit der weiteren Verbreitung der Corona-Mutanten umgehen? Wie mit den immer wieder auftretenden Corona-Fällen in Fabriken und einer Homeoffice-Quote, die im Januar mit 24 Prozent zwar bereits gestiegen war, aber dennoch weiter ausgebaut werden könnte? Wie kann mehr Druck auf Produzenten und Politik bei der Impfstoffherstellung und dessen Verabreichung ausgeübt werden? Wie kann Deutschland im internationalen Vergleich, was Zulassung, Verfügbarkeit und Verwendung von Schnelltests angeht, endlich aufschließen? Initiativen wie ZeroCovid und Karl Lauterbach, der für Schulöffnungen nur mit Wechselunterricht, Tests und Impfungen für Lehrer plädiert, versuchen Antworten darauf zu finden - genauso wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der gerade in Verhandlungen mit Schnelltestherstellern ist.
Lesen Sie auch: Zero Covid ist keine utopische Forderung - Bini Adamczak über die Kampagne Zero Covid und warum es drastische Maßnahmen braucht.
Viele von denen, die unter dem Hashtag #TeamLauterbach oder #TeamDrosten twitterten, sind keine Linken. Doch oft geht es um einen solidarischen Grundimpuls: Unterstützung für die Überbringer von für manche unbequemen evidenzbasierten Erkenntnissen und die Einsicht, dass die Eindämmung der Pandemie ein Team-Projekt ist. Das erklärte auch Lauterbach am Dienstag. Auf dessen Einladung werde er gerne mit Flick sprechen: »Nur zusammen können wir die vor uns liegende Wochen meistern.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.