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Reales Handeln ist gefragt
Martin Ling über den virtuellen G7-Gipfel
Virtuelles Handeln wird nicht reichen: Die G7-Staaten müssen real handeln und dabei über ihren eigenen Tellerrand schauen. Das hat der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vor dem virtuellen Gipfel am gestrigen Freitag der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrieländer nachdrücklich betont. Und was der Herz-Jesu-Sozialist seinen Kollegen ins Stammbuch geschrieben hat, ist faktenbasiert: Die OECD-Industriestaaten mit den G7-Staaten als Kern stellen 16 Prozent der Weltbevölkerung und haben sich zwei Drittel der Impfstoffe gesichert. Ganze 0,5 Prozent der Impfungen fanden bisher in den ärmsten Ländern statt. Dabei hat die Wissenschaft doch längst klargestellt: Die Corona-Pandemie ist erst vorbei, wenn sie für alle vorbei ist.
Auf der Agenda steht die Pandemiebekämpfung in Entwicklungsländern beim virtuellen Gipfel schon. Was da zu beschließen wäre, liegt auf der Hand: eine ausreichende Finanzierung der globalen Impfplattform Covax. Um auch nur das Ziel zu erreichen, bis Jahresende mindestens 20 Prozent der Bevölkerung in Entwicklungsländern gegen das Coronavirus zu impfen, fehlen im Augenblick laut Müller insgesamt 27 Milliarden Euro. Das ist peinlich, und es ist in höchstem Maße unverantwortlich bei einer globalen Pandemie, weil: siehe oben.
Und wer meint, 27 Milliarden Euro sind viel, dem seien grundlegende Dimensionen aufgezeigt: 1700 Milliarden Euro fließen im Jahr in die Rüstung, 170 Milliarden in die Entwicklungshilfe. Auch diese Zahlen nennt Müller immer wieder. Müller ist leider ein einsamer Rufer in der Riege der Bundesminister. Er dringt selten durch. Eine Verschiebung der politischen Prioritäten wäre der erste Schritt für eine gerechtere Welt. In Sicht ist sie nicht. Und so zahlt der Globale Süden auch bei Corona den höchsten Preis.
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