Paradiesvogel

Peter-Michael Diestel, letzter DDR-Innenminister, verlässt die CDU

Peter-Michael Diestel ist immer für Überraschungen gut. Der Rechtsanwalt, der 1990 kurzzeitig Innenminister der DDR in Abwicklung war, ist ein politisches Irrlicht, aber immer originell. Konservativ und unkonventionell zugleich, verstand es der Rechtsanwalt, sich immer mal wieder ins Gespräch zu bringen. Mit dem knapp vier Jahre älteren Linke-Politiker und Berufskollegen Gregor Gysi verbindet den 69-Jährigen eine langjährige Freundschaft. Die beiden haben in der DDR vor ihrem Jurastudium sogar die gleiche Berufsausbildung absolviert, nämlich eine zum »Facharbeiter für Tierproduktion«. Die DDR fand Diestel fürchterlich (»stalinistisches Gefängnis«), wollte sie aber zunächst auch nicht weg haben, wie er vor einigen Jahren sagte. 2019 wiederum begründete er in seinem jüngsten Buch, warum er in der DDR glücklich war und trotzdem »für die Einheit« kämpfe.

Am Mittwoch nun mal wieder ein Diestelscher Paukenschlag. Er sei tags zuvor aus der CDU ausgetreten, teilte er mit. Alles, was ihm an der Partei, der er mehr als 30 Jahre angehörte, »Wärme und Geborgenheit« gegeben habe, finde er dort nun nicht mehr, klagte er. Als da wären: »wertkonservatives Denken, mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik - verbunden mit einem strammen und konsequenten Blick auf das Grundgesetz«. »Ich verstehe sie nicht mehr, und ich mag sie heute genauso wenig wie sie mich«, erklärte der Ex-Politiker, der der CDU vorwirft, nur noch ein »schwammiger und hilfloser Kanzlerwahlverein« zu sein.

Ebenfalls am Mittwoch hat vor dem Landgericht Neubrandenburg ein Zivilprozess gegen den Anwalt begonnen. Der Richter schlug einen Vergleich vor, den beide Seiten als »annehmbar« einschätzten, sich aber noch eine Prüfzeit ausbaten. In dem Verfahren fordert ein Ex-Kanzleipartner Diestels noch 280 000 Euro. Er findet, seine Ansprüche seien bei der Auflösung der Kanzlei 2017 nicht angemessen berücksichtigt worden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -