Wohnen im Alter hat auch so seine Tücken

Von der Senioren-Wohngemeinschaft, dem Zutritt der Handwerker bis zum stillgelegten Aufzug

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Immer öfter stellt sich die Frage, ob und unter welchen Umständen Senioren weiter in ihrer Wohnung, in ihrer Immobilie wohnen können, wenn sie betreut werden müssen beziehungsweise wenn Umbauten nötig werden, die auch den Bereich des Gemeinschaftseigentums betreffen. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat einige solcher Fälle gesammelt.

Die WG ist kein Altenheim

Wie ist eigentlich eine Senioren-WG zu bewerten, die sich in einer größeren Eigentumswohnung eingemietet hat und dort von einer ständig anwesenden Pflegekraft betreut wird?

Das musste das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg (Az. 73 C 64/18) entscheiden. Die übrigen Eigentümer forderten eine Unterlassung, denn es handle sich hier um eine Nutzung der Immobilie als kommerzielles Altenheim. Doch dem schloss sich das zuständige Amtsgericht nicht an. Es ging von einer Wohnnutzung aus, denn die WG weise keinen kommerziellen Pflegeheimcharakter auf.

Kein Entschädigungsgrund

Die Nachbarschaft zu einem Alten- und Pflegeheim begründet keinen Entschädigungsanspruch. Anwohner hatten sich an den Geräuschen der Heimbewohner gestört und auch daran, dass diese direkt in ihren Garten blicken konnten. Auch der Lieferverkehr war ihnen ein Dorn im Auge.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 14 U 43/06) betonte, es handle sich erstens nicht um eine wesentliche Störung und zweitens sei es ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen, pflegebedürftigen Menschen ein möglichst unbeschränktes Leben zu ermöglichen.

Kein gemeinsamer Haushalt

Eine Tochter hatte ihren kranken Vater in dessen Mietwohnung aufopferungsvoll betreut. Nachdem der Vater gestorben war, wollte sie in dessen fast 50 Jahre bestehendes Mietverhältnis eintreten. Doch der Eigentümer wies darauf hin, dass kein gemeinsamer Haushalt geführt worden sei, der eventuell einen solchen Anspruch begründen könne.

Das Amtsgericht München (Az. 452 C 17000/17) schloss sich dieser Rechtsmeinung an. Zwar habe die Frau immer wieder in der Wohnung des Vaters übernachtet, aber ihre eigene Wohnung trotzdem nicht aufgegeben.

Freund als Untermieter

Anders sah es im Falle eines betagten Mieters aus, der jahrelang mit einem als Untermieter gemeldeten Freund zusammengelebt hatte. Als der Hauptmieter starb, gestattete das Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Az. 7 C 39/17) dem Freund den Eintritt in den Mietvertrag. Es sei unbestritten, dass es sich hier um einen gemeinsamen, auf Dauer angelegten Haushalt gehandelt habe. Ein besonderes Nähe- oder Liebesverhältnis sei dazu nicht erforderlich.

Seniorengerecht gepriesen

In der Werbung für ein Bauprojekt war die Rede davon, dass die Wohnungen »seniorengerecht« ausgestattet seien. Doch das sahen die Auftraggeber nach Fertigstellung nicht als gegeben an. So fehlten zum Beispiel die völlige Barrierefreiheit, die Begehbarkeit mit Rollator und Haltegriffe in Bad und Toilette.

Nach Überzeugung des Oberlandesgerichts Koblenz (Az. 10 U 1504/09) beinhaltet aber der werbemäßige Begriff »seniorengerecht« , dass alles nicht automatisch. Vertragsbestandteil sei nur das, was sich eindeutig als Ausstattungsmerkmal ergebe.

Was ist zumutbar?

Immer wieder spielt vor Gericht eine Rolle, ob älteren und psychisch oder physisch stark belasteten Mieterinnen und Mietern ein Auszug zuzumuten ist.

Das Landgericht Limburg (Az. 7 T 116/20) entschied, dass alleine die latente Suizidgefahr eines 70-Jährigen nicht ausreiche, um eine Zwangsvollstreckung auf Räumung vorläufig einzustellen. Es habe eine ausreichend lange Vorbereitungszeit gegeben, um sich (auch mit ärztlicher Betreuung) auf diese gewiss schwierige Lage einzustellen.

Wohnungsräumung nicht zumutbar

Im Falle einer pflegebedürftigen 87-jährigen Mieterin ließ das Amtsgericht Nürnberg (Az. 244 C 7495/18) eine Eigenbedarfskündigung und die damit verbundene Räumung der Wohnung nicht gelten. Die betagte Frau lebe seit über einem halben Jahrhundert in der Immobilie und sei in der Nachbarschaft tief verwurzelt. Zudem leide sie an einer Angststörung. In der Gesamtschau müsse man von einer unzumutbaren Härte ausgehen.

Weiterer Schlüssel verweigert

Menschen im höheren Alter sind häufig auf die Unterstützung von Familienmitgliedern und auf die professionelle Hilfe eines Pflegedienstes angewiesen. Doch diese Personen müssen auch die Möglichkeit haben, mit Hilfe eines eigenen Schlüssels in die Wohnung zu gelangen, ohne stets die Betreuten um die Türöffnung bitten zu müssen. Ein Vermieter verweigerte allerdings die Übergabe eines zusätzlichen Schlüssels für den Pflegedienst.

Das Amtsgericht Gelsenkirchen (Az, 210 C 147/13) stellte sich auf die Seite der Mieterin und ordnete die Aushändigung des Schlüssels an.

Handwerkern den Zutritt gewähren

Wenn ein Handwerker eine Wohnung betreten muss, dann sind auch das Alter der Mieterin sowie deren Ängste und Befürchtungen kein Grund dafür, darauf zu verzichten.

Eine 92-jährige Frau wurde vom Amtsgericht München (Az. 418 C 18466/18) dazu verurteilt, Handwerkern für Vorarbeiten zu einem Fensteraustausch den Zutritt zu gewähren. Zumal deswegen, weil sie im Vorfeld selbst die undichten Fenster gerügt hatte.

Aufzug Bestandteil im Mietvertrag

Ein Aufzug kann nicht ohne Weiteres stillgelegt werden, wenn er zum Zeitpunkt des Mietvertrages bereits vorhanden und damit Bestandteil der Mietsache war. Eine 82-Jährige, die im vierten Stock des Hauses wohnte, wollte sich nicht damit abfinden, dass ihr plötzlich kein Lift mehr zur Verfügung stand.

So sah es auch das Amtsgericht München (Az. 425 C 11160/15) und wies den Eigentümer darauf hin, dass er den vom TÜV wegen einer fehlenden Notrufeinrichtung gesperrten Aufzug wieder instand setzen müsse. LBS/nd

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