Wie viele Bläschen sind im Gläschen?
Biolumne
Deutsche lieben die Schaumkrone auf ihrem Bier. Frage für ein Kneipenquiz (Wenn sie mal wieder öffnen): Wie viele Kohlendioxidbläschen entwickeln sich in einem Glas Bier und bilden den Schaum? (Auflösung am Ende)
Die Blume zeigt, ob das Bier frisch gezapft oder schon schal ist, weil es zu lange auf dem Tresen stand. Am besten üppig, beständig und feinperlend. Die eiligen Chinesen dagegen mögen gar keinen Schaum. Doch der Schaum hat Vorzüge: Er verhindert das Überschwappen. Bereits fünf CO2-Bläschen übereinander verringern das Risiko des Schwappens beim Tragen des Glases um 70 Prozent. Bei einer Schaumkrone von mehreren Zentimetern ist es fast unmöglich, dass Bier überschwappt. Zudem liegt die Blume als Aroma-Decke auf dem Bier. Sie verhindert, dass flüchtige Aromen, aber auch CO2, zu schnell aus dem Bier entweichen.
Heute ist Bier das meistgetrunkene alkoholische Getränk der Welt - jährlich 1,9 Milliarden Hektoliter im Wert von 606 Milliarden US-Dollar (Zahlen von 2019).
Lagerbier (Helles) ist das meistgetrunkene. Wasser, Getreidemalz, Hefe, Hopfen und Wasser werden zur Gärung eingesetzt und kühl gereift. Beim Veratmen von Sauerstoff und Zucker produzieren die Hefen außer Alkohol auch Kohlendioxid.
Wenn ein Glas Bier gezapft wird, formen die kleinen Kohlendioxidbläschen die Blume und bestimmen beim Platzen den Geschmack mit. Unter 200 000 CO2-Bläschen ist der Gerstensaft fad. Champagner-Forscher (!) Gérard Liger-Belair und Clara Cilindre von der Université de Reims Champagne-Ardenne haben nun exakt im Fachjournal »ACS Omega« (Bd. 6, S. 9672) berechnet, wie viele Bläschen sich beim Einschenken eines Lagerbiers bilden. Dazu hätten bislang keine ausreichenden Daten vorgelegen. Sie verwendeten für ihre Studie Helles mit einem Alkoholgehalt von etwa fünf Volumenprozent aus Viertelliterflaschen, die bei sechs Grad Celsius gekühlt wurden. Pro Liter waren rund 5,5 Gramm CO2 gelöst.
Die Gläser fassten 500 Milliliter. Das Forscherduo schenkte das Lagerbier regelgemäß in ein leicht gekipptes Glas ein, damit sich nicht zu viel Schaum bildete und zu viel Kohlendioxid entwich. Denn dann wird das Bier fad. Die Art des Einschenkens ist also auch beim Bier weit davon entfernt, bedeutungslos für die verbleibende CO2-Konzentration zu sein, erklärt Liger-Belair. Das Ausströmen von CO2 aus einem Glas hatte der Forscher bereits beim Champagner mit Hilfe einer Infrarotkamera nachgewiesen. Noch weitere Faktoren spielen eine Rolle: die Getränketemperatur und die Beschaffenheit des Trinkglases. Mit Mikroskop und Highspeed-Kamera beobachteten die Forscher, dass sich die Bläschen vor allem an Mikrostrukturen in der Glaswand ansammelten.
Eine Frage an die grüne Bundeskanzlerin in spe von ihren bayrischen Wählern: Wie viel CO2 wird jährlich durch Biertrinker freigesetzt? Nun, bei 1,9 Milliarden Hektolitern mit je fünf Gramm CO2 pro Liter kommen da 950 000 Tonnen zusammen. Also Bier verbieten und Wähler vergraulen?? Gemach, gemach! Gemessen an den 37 Milliarden Tonnen, die die Menschheit 2019 insgesamt in die Luft pustete, sind das nicht mal 0,003 Prozent! Gottseidank! Die größte Klimabelastung beim Bier entsteht sowieso bei Herstellung (Wärmeerzeugung, Kühlung) und beim Transport. Also besser kein Corona.
Auflösung: 200 000 bis zwei Millionen Bläschen pro Glas!
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