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Auf Monitore starren
Homeoffice kann ins Auge gehen - die Kehrseite der schönen neuen digitalen Arbeitswelt
Kleinere Bildschirme bei den Laptops, schlecht ausgeleuchtete Arbeitsräume, Küchenstuhl, Sofa oder Sessel als Sitzgelegenheit - die ergonomischen Sünden am »Schreibtisch« im Homeoffice sind mit den rein materiellen Mängeln noch nicht vollständig erfasst. Denn auch die Abläufe sind verändert: Der Weg zum Kühlschrank ist kürzer als der zu Teeküche oder Kantine. Der Aktenschrank, so noch vorhanden, wird nur in den seltensten Fällen in der eigenen Wohnung aufgebaut. Ein weiterer Grund, noch länger am PC sitzen zu bleiben, sind die vielen Online-Konferenzen. Auch dafür muss der Sitzplatz nicht verlassen werden.
Bereits ohne Covid-19 und den damit einhergehenden Veränderungen für die Büro-Beschäftigten waren ein Drittel der Deutschen kurzsichtig. In Asien, wo die Menschen offenbar nicht nur besonders anfällig dafür sind, sondern zusätzlich noch mehr Lebenszeit mit ihrem Smartphone verbringen, gibt es inzwischen Rekrutenjahrgänge, bei denen über 90 Prozent der jungen Männer kurzsichtig sind. Was geschieht eigentlich mit dem Auge, wenn es zu lange auf Nahsicht eingestellt ist? »Das Auge macht es sich leicht - es wächst«, erklärt Norbert Pfeiffer, Chef der Augenklinik der Universität Mainz. Und das vergrößerte Auge kann dann nicht mehr genauso auf eine scharfe Fernsicht umstellen. »Über 30 Gene wurden gefunden, die etwas mit Kurzsichtigkeit zu tun haben«, sagt das Vorstandsmitglied der Stiftung Auge, die von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft gegründet wurde.
Pfeiffer und seine Kollegen haben in einer bevölkerungsbasierten Studie an über 15 000 Menschen in Mainz und Umgebung herausgefunden, dass der Einfluss von diesen bekanntermaßen mit Kurzsichtigkeit assoziierten Genen geringer war, als die Dauer der Schulausbildung: »Für jedes Jahr, das wir in die Schule gehen, werden wir immer ein bisschen kurzsichtiger.« Auch bei Kindern und Jugendlichen wirke das Homeschooling in dieser Beziehung noch einmal verstärkend, zumal häufig noch eine Spätschicht am Smartphone, beim Zocken oder Chatten mit den Altersgefährten, dazukommt.
In Deutschland überwiegt die Auffassung, dass Kurzsichtigkeit ja leicht mit einer Brille korrigiert werden könne - und deshalb sei das Phänomen ja nicht so schlimm. Dieser Teilwahrheit tritt Pfeiffer entgegen, denn Kurzsichtige seien im späteren Leben deutlich häufiger von einigen Augenerkrankungen betroffen, darunter der Grüne Star (Glaukom), altersabhängige Makuladegeneration und Netzhautablösungen.
Der Augenarzt rät deshalb nicht nur einfach dazu, im Homeoffice regelmäßig den Blick auch in die Ferne schweifen zu lassen, Bewegung und Pausen seien eine gute Voraussetzung dafür. Das Starren auf Monitore sei unbedingt hin und wieder auch deshalb zu unterbrechen, um die Hornhaut des Auges gesund zu halten.
Kinder, die täglich zwei Stunden an der frischen Luft sein können, würden keine Kurzsichtigkeit entwickeln. In Deutschland würden die Heranwachsenden aber, etwas übertrieben, nur zwei Stunden pro Woche draußen sein. Die Beleuchtung in Wohnräumen betrage etwa 200 Lux, draußen seien es an trüben Tagen 2000 bis 3000, und an sonnigen Tagen etwa 20 000 bis 30 000 Lux. Anders als bisher angenommen, ist die Entstehung von Kurzsichtigkeit nicht unbedingt mit der Grundschulzeit abgeschlossen. Noch bis zum Ende der Schulzeit, und in einigen Fällen auch noch während der ersten Studienjahre kann sie sich weiter verstärken.
Am Smartphone, da hier die Darstellung noch viel kleiner ist als am Computerbildschirm, verkrampfe die Augenmuskulatur deutlich. Mit häufiger Nutzung der handgroßen Geräte könne schon kurzfristig eine starke Kurzsichtigkeit entstehen. Auf ein weiteres Problem bei der Arbeit vor dem Computer, weist Augenarzt Pfeiffer hin: »Man blinzelt nur halb so viel wie sonst«. Die Augenbewegung rege die Tränenflüssigkeit an, die wiederum die Hornhaut mit Fett, Proteinen und Schleim versorgt. Die Komponenten kommen aus verschiedenen Drüsen in Augennähe. Sobald ein Teil fehlt, funktioniert der Schutzfilm nicht mehr. Das kann etwa dann geschehen, wenn die Fettdrüsen verhärten. Deshalb müssen Augentropfen exakt für das jeweilige Problem ausgewählt werden - »und dazu brauchen Sie einen Augenarzt«. Werde die Hornhaut nicht genügend benetzt, werde sie empfindlich, verursache Sehstörungen, Kopfschmerzen und das Gefühl, einen Fremdkörper im Auge zu haben.
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