Menschenrechte für alle!

Martin Ling über das zu schwache deutsche Lieferkettengesetz

Das deutsche Lieferkettengesetz ist beschlossen, das europäische Lieferkettengesetz ist auf dem Weg. Noch im Juni will die EU-Kommission ihren Vorschlag unterbreiten, zu dem sie das Europäische Parlament per Initiativrecht zwingen konnte. Das sind zwei gute Nachrichten im Juni 2021, weil sie vor zehn oder 20 Jahren noch komplett undenkbar gewesen wären. Und es ist das Ergebnis jahrelangen zivilgesellschaftlichen Drucks auf die Politik. Denn bisher galt bedingungslos: Vorfahrt für die Profite deutscher und europäischer Unternehmen, koste es den Globalen Süden, was es wolle. Dabei sollte eigentlich längst klar sein: Menschenrechte sind nicht verhandelbar!

Im deutschen Lieferkettengesetz, das am Freitag verabschiedet wurde, waren die Menschenrechte Verhandlungsmasse. Das zeigt der Kompromiss, der keine zivilrechtliche Haftungsregel enthält und Umweltstandards nur minimal berücksichtigt. Das deutsche Gesetz ist ein zaghafter Schritt in die richtige Richtung: Nur eines von tausend Unternehmen wird dadurch überhaupt erfasst werden, insgesamt rund 4800 Firmen, wenn es ab 2023 zur Anwendung kommt. Dabei sollten Mindeststandards bei Menschenrechten für alle Unternehmen gelten.

Dass Betroffene aus dem Globalen Süden in Deutschland nur auf der Basis ihres Heimatrechtes klagen können, ist eine massive Einschränkung. Dass sie die Klage zusammen mit deutschen Nichtregierungsorganisationen oder Gewerkschaften anstrengen können, ist hilfreich, mehr nicht. Zittern müssen die erfassten deutschen Unternehmen vor diesem Gesetz nicht, ein bisschen mehr aufpassen, was bei ihren Zulieferern passiert, müssen sie schon. Im besten Falle hilft das Gesetz, Kinderarbeit und Hungerlöhne bei ausländischen Zulieferern einzudämmen.

Es obliegt dem Vorschlag der EU-Kommission, globale Standards für faire Produktion und den Schutz von Menschenrechten und Umwelt zu setzen. Das deutsche Lieferkettengesetz reicht dafür nicht.

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