- Politik
- Verfassungsschutzbericht
Verfassungsschutz entdeckt die Neue Rechte
Geheimdienst widmet rechten »Theoretikern« erstmals eigenes Kapitel in seinem Jahresbericht
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) warnte mit Blick auf Aktivitäten von Neonazis, es gebe eine »besondere Sicherheitslage, die ein dickes Problem ist«. Die Corona-Pandemie habe zur Stärkung der Szene beigetragen. Die Zahl der »Rechtsextremen« ist laut Bericht um 3,8 Prozent auf etwa 33 300 gestiegen. 13 300 werden als »gewalttätig, gewaltbereit« oder »gewaltunterstützend« eingestuft.
Seehofer sagte, 2020 seien zwar zahlreiche rechte Großveranstaltungen abgesagt worden. Rechtsextreme hätten sich aber bemüht, über Proteste gegen die staatlichen Coronamaßnahmen Anschluss an das bürgerliche Spektrum zu finden. Dass sie damit so erfolgreich sind, wird im Bericht auch auf das Wirken der Neuen Rechten zurückgeführt, dem erstmals ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Als Akteure der Neuen Rechten nahm das BfV die Identitäre Bewegung, die Macher des Magazins »Compact« und den Verein »Ein Prozent« in den Blick, der als »Dienstleister, Unterstützer und Financier« agiere. »Compact« wirkt laut Bericht als »ideologischer Superspreader«. Auch das »Institut für Staatspolitik« (IfS) von Götz Kubitschek, der gute Kontakte zum Rechtsaußen-Flügel der AfD hat, wird erwähnt.
Gleichwohl warnte Haldenwang erneut vor gewaltbereiten »Linksextremisten« und vor deren »zunehmender Brutalität«. Deren Zahl wird im Bericht auf 9600 geschätzt. Seine Behörde, so Haldenwang, wolle »ein Wellenbrecher sein, der Extremismus und Terrorismus unerlässlich die Stirn bietet«.
Die Linke-Bundestagsabgeordnete Martina Renner kritisierte, der Verfassungsschutz habe die Schlüsselrolle des IfS erst 20 Jahre nach dessen Gründung erkannt. »Wenn so die von Präsident Haldenwang betonte ›Wellenbrecherfunktion‹ des BfV aussieht, dann wundere ich mich nicht über den seit Jahren anhaltenden Aufschwung der extremen Rechten«, erklärte sie. Der Bericht der Behörde zeige erneut, »dass ein geheimdienstlicher Blick auf die Szene nichts zur Aufklärung« beitrage.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!