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Kind und Börse

Wie die Wirtschaft denkt: Nachwuchs als Humankapital

Wenn Ökonomen über Kinder reden, geraten sie ins Schwärmen. Kinder seien unser Humankapital, heißt es, wichtiger Teil unserer »Human Ressources«, und es gelte, sie zum Wohle des Bruttoinlandsprodukts auszubilden. Eine Investition, die künftige Profite verspricht. Der auf diese Weise kapitalisierte Nachwuchs jedoch weiß viel zu wenig über die Wirtschaft, das fand jüngst eine Studie zum Stand der ökonomischen Bildung in Deutschland heraus. In 11 von 16 Bundesländern wurde nicht einmal die Hälfte der Anforderungen erfüllt, die für ein normales Nebenfach, so auch »Wirtschaft«, gelten müssten. Dass das künftige Humankapital so wenig über seine quasinatürliche Umgebung weiß, wird folgerichtig als Problem erachtet.

»Dramatische Mängel« an Schulen und auch Hochschulen beklagt die Studie, die die Flossbach-von-Storch-Stiftung gemeinsam mit dem Institut für ökonomische Bildung an der Universität Oldenburg erstellt hat. Dabei »gehört ökonomische Bildung zur Allgemeinbildung«. Schließlich seien »Gesellschaft und Wirtschaft keine Gegensätze, ganz im Gegenteil. Sie brauchen und befruchten einander«, so die Stiftung, die wie viele Ökonomen das Kunststück beherrscht, erst die Wirtschaft von der Gesellschaft abzutrennen, um dann beide wieder zusammenzufügen.

Ihr erklärtes Ziel ist daher die Finanz- und Wirtschaftsbildung der Bevölkerung. Ihren Gründern, Bert Flossbach und Kurt von Storch - Letzterer ein Spross der norddeutschen Adelsfamilie, in die auch eine gewisse Herzogin von Oldenburg mit Vornamen Beatrix eingeheiratet hat -, sei »wichtig, dass möglichst viele Menschen ein selbstbestimmtes Leben in Unabhängigkeit - auch in finanzieller Unabhängigkeit - leben können«. Dafür sollen die Kinder in der Schule Wirtschaft lernen. Wobei einiges dafürspricht, dass die Stifter hier weniger »Wirtschaft« meinen als vielmehr bloß »Kapitalismus«.

Flossbach von Storch ist eine Vermögensverwaltung, eine der größten Deutschlands. Um die 50 Milliarden Euro sollen es sein, die das Unternehmen mit Sitz in Köln verwaltet, also profitabel einsetzen soll. Den Gründern liegen »aus Passion Börsen- und Finanzthemen am Herzen«, so die Eigendarstellung. Und diese Passion hat eine Historie. So war Bert Flossbach lange als Executive Director beim deutschen Ableger der US-Investmentbank Goldman Sachs in Frankfurt am Main tätig, genauso wie Kurt von Storch, bevor sich beide selbstständig machten. Im Kuratorium ihrer Stiftung sitzt auch Thomas Mayer, der für Goldman Sachs arbeitete und danach zur Deutschen Bank wechselte. Gemeinsam kümmern sie sich nun darum, die Schüler auf das »wirkliche Leben« vorzubereiten.

Das gleiche Ziel verfolgt die US-Investmentfondsgesellschaft Fidelity, geht dabei aber den direkten Weg: Kürzlich kündigte Fidelity an, Teenagern ein kostenloses Investmentdepot einzurichten. 13- bis 17-jährige Kinder von Fidelity-Kunden können dort eigenständig und gebührenfrei Wertpapiere handeln - allerdings unter Aufsicht ihrer Eltern. Jennifer Samalis, bei Fidelity für die »Loyalität« der Kunden zuständig, erklärte: »Unser Ziel ist es, junge Amerikaner zu ermutigen, durch Praxis zu lernen, und gehaltvolle Familiengespräche über Finanzthemen zu befördern.« Da möchte man doch wirklich gerne mit am Abendbrottisch sitzen.

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