Experten fordern Neuanfang

Kommission stellte in Hessen Abschlussbericht zu Polizeireformen vor - zwei Mitglieder aus Protest im Vorfeld zurückgetreten

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Vor dem Hintergrund illegaler polizeilicher Datenabfragen im zeitlichen Zusammenhang mit »NSU 2.0«-Drohschreiben sowie der Vernetzung von Polizisten in rechtsradikalen Chats sollen angehende Beamte in Hessen künftig vom Verfassungsschutz überprüft werden. Das empfahl eine unabhängige Expertenkommission, die strukturelle Probleme in der hessischen Polizei untersuchen sollte, in ihrem am Montag in Wiesbaden vorgestellten Abschlussbericht. Darin sprach die Kommission von »erheblichem Reformbedarf«. Die Kommission stellte insgesamt zehn zentrale und 58 Einzelforderungen.

»Wir müssen mit allen notwendigen Mitteln verhindern, dass bereits bekannte Extremisten in die Reihen der Polizei gelangen könnten«, erklärte Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) bei der Vorstellung des Berichts. Deshalb sollten Bewerber nicht nur im Einzelfall, sondern »flächendeckend und regelmäßig« überprüft werden. Weiter riet die Kommission zur Erstellung eines Leitbildes sowie zu einer offenen Fehlerkultur, in der Fehlverhalten »proaktiv« kommuniziert werden sollte. Der Expertenrat setzte sich aus Vertretern aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Polizei und Verfassungsschutz zusammen. Zwei Expertinnen - Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschrechte in Berlin, sowie Anna-Lena von Hodenberg, Gründerin der Organisation Hate Aid - schieden im Frühling im Streit aus.

Umfassende Veränderungen forderte indes auch die oppositionelle Linkspartei. »Knapp ein Jahr lang hat die von Peter Beuth eingesetzte Expertenkommission nun erarbeitet, was in der hessischen Polizei alles falsch läuft«, erklärte Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag. Der jetzt vorgestellte Abschlussbericht decke so auch eine Vielzahl »jahrzehntelanger Versäumnisse« auf. »Die jetzt angekündigten organisatorischen Veränderungen, sowie die Entwicklung eines neuen Leitbildes, sind dabei jedoch nicht ausreichend um die strukturellen Probleme konsequent anzugehen«, betonte Schaus. Es brauche eine grundlegende Demokratisierung polizeilicher Strukturen, ein geändertes Disziplinarrecht und externe Ermittlungen bei Fehlverhalten. »Polizisten dürfen niemals gegen andere Polizisten ermitteln«, so der Politiker.

Irritierend sei darüber hinaus, dass zwei Mitglieder der Kommission diese vorzeitig verlassen hätten, so Schaus. Wie die Frankfurter Rundschau berichtete, habe Polizeipräsident Roland Ullmann eine vorläufige Version des Abschlussberichts ungeschwärzt an Polizisten weitergegeben, damit sie kritische Aussagen kommentieren können. In dem Bericht sollen auch die Namen von Informanten einsehbar gewesen seinen, wodurch auf diese Druck von ausgeübt worden sei.

Der Umgang mit diesem Vorgehen sei laut FR Inhalt der Auseinandersetzung in der Kommission gewesen. Da die Gruppe sich geweigert habe, den Vorgang öffentlich zu machen, seien die zwei Mitglieder aus Protest zurückgetreten. »Der Fisch stinkt vom Kopfe her«, kommentierte Schaus. Es brauche endlich einen echten Neuanfang in der Polizei - und das ohne Peter Beuth. Mit Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.