Nicht mehr Geisel

Die Sängerin Hozan Canê darf endlich nach Deutschland zurück

Sie ist eine von vielen Deutschen, die das türkische Regime quasi als Geisel genommen und für seine politischen Zwecke missbraucht hat: Hozan Canê, Sängerin aus Köln mit kurdischen Wurzeln - die nur die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Die Frau, die bürgerlich Saide Inaç heißt, war unter dem Vorwurf, Mitglied einer »terroristischen Organisation«, der PKK, zu sein, in der Türkei festgehalten worden. Am Mittwoch nun hob das für sie zuständige Gericht im westtürkischen Edirne die über sie verhängte Ausreisesperre auf.

Canê war kurz vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni 2018 in Edirne festgenommen worden. Dort hatte sie eine Wahlkampfveranstaltung der progressiven Oppositionspartei HDP unterstützt. Im November 2018 wurde sie zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Im August 2020 war das Verfahren neu aufgerollt worden, nachdem der Kassationshof in Ankara, das höchste Berufungsgericht in der Türkei, das Urteil kassierte und eine Neuverhandlung anordnete. Immerhin: Die Kammer befand, dass die vorgelegten Beweise für eine angebliche PKK-Mitgliedschaft unzureichend seien. Die Anklage hatte sich vor allem auf Inhalte von Facebook- und Twitter-Profilen gestützt. Die Künstlerin wurde nach der Entscheidung des Kassationsgerichts im Oktober zwar aus dem Gefängnis entlassen, durfte aber weiter die Türkei nicht verlassen. Der Prozess gegen sie wird am 20. September fortgesetzt.

Beim Verlassen des Gerichts sagte Hozan Canê der dpa, sie sei glücklich über das Urteil. »Aber ich habe in den letzten Jahren so viel gelitten, dass dieses Glücksgefühl untergeht.« Nach Angaben ihrer Unterstützer sollte die Sängerin am Donnerstagabend am Flughafen Köln/Bonn landen. Sie werde dort von ihrer Tochter Gönül Örs erwartet. Diese war Ende Juni ebenfalls wegen Terrorvorwürfen in der Türkei zu mehr als zehn Jahren Haft verurteilt worden. Sie konnte das Land aber verlassen.

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