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Organisation ist der nächste Schritt

Die Initiative IchbinHanna gegen prekäre Arbeitsbedingungen an Hochschulen bekommt immer mehr Zulauf

  • Martin Höfig
  • Lesedauer: 4 Min.

Immer mehr Studierende solidarisieren sich mit der IchbinHanna-Kampagne für bessere Arbeitsbedingungen von Wissenschaftler*innen an deutschen Universitäten. Der Mitte Juni von der Philosophin Amrei Bahr, der Literaturwissenschaftlerin Kristin Eichhorn und dem Historiker Sebastian Kubon initiierte Hashtag zieht somit immer weitere Kreise.

»Bei Twitter melden sich unter dem Hashtag mittlerweile immer mehr Studierende zu Wort und auch in meinem studentischen Bekanntenkreis häuft sich das Interesse«, berichtet Medizinstudentin Hanna Traupe aus Marburg. Die junge Frau, die zuvor schon zwei geisteswissenschaftliche Abschlüsse erworben hat, engagiert sich erst seit Kurzem hochschulpolitisch. Dass sie genauso heißt wie die animierte Figur in jenem Erklärvideo des Bundesministeriums für Forschung und Bildung, welches das Wissenschaftszeitvertragsgesetz erläutert und die kritischen Akteure von IchbinHanna auf den Plan gerufen hat, ist Zufall.

Wie zufällig erscheint momentan auch noch die vermehrt aufploppende Solidarität von Studierendenseite, da sie noch nicht organisiert ist. »Geht in eure Fachschaften, tretet in die Gewerkschaft ein!«, ruft deshalb Barbara Bringmann, Masterstudentin der Erziehungswissenschaften an der Uni Bielefeld, ihre Kommiliton*innen auf. Bringmann engagiert sich schon seit Jahren in verschiedenen Hochschulgruppen und ist auch Mitglied bei Arbeiterkind.de, einem gemeinnützigen Verein zur Förderung des Hochschulstudiums von Nicht-Akademikerkindern. »Man kann mit Solidarität sehr viel erreichen«, ist sie überzeugt. Und fügt hinzu: »Doch dafür braucht es organisierte Strukturen.«

Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, konkret die Entfristung ihrer Verträge, würde sich direkt auf die Studierenden auswirken, so Bringmann weiter. »Mal abgesehen von den menschlichen Schicksalen der von den ewig befristeten Arbeitsverträgen und Unsicherheit betroffenen Wissenschaftler*innen, ist ja damit auch unsere Lehre gefährdet«, sagt die Studentin. Und auch die von Studierenden besetzten Hilfskraftstellen an den Unis würden von den geforderten Reformen nur profitieren, denn diese seien bisher meist prekär und von Abhängigkeit ebenso geprägt wie von mangelndem Mitspracherecht für die studentischen Arbeitskräfte.

»Überhaupt haben Studierende nach wie vor wenig Mitspracherecht an den Universitäten«, sagt Barbara Bringmann und vergleicht die Situation mit jener von Bürger*innen in der Gesellschaft, die sich nicht politisch engagieren. »Deshalb ist es ja so wichtig, sich zu organisieren«, betont sie noch mal. Und Austauschmöglichkeiten zu schaffen, die von den Professor*innen über den Mittelbau bis zu den Studierenden alle mit einbeziehen. Zusammenkünfte in der Art des digitalen Fachgesprächs, zu dem die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) am 1. Juli mehr als 250 Wissenschaftler*innen und IchbinHanna-Aktive begrüßen konnte.

Dabei war vor allem Thema, wie der Druck von IchbinHanna auf Politik und Hochschulen nun aus dem Internet in die analoge Welt übertragen werden kann. So formulierte Andreas Keller, GEW-Vorstand für Hochschulpolitik: »Die besten Argumente werden nicht helfen, wenn es nicht gelingt, das Momentum auf der Straße, in Tarifverhandlungen, gegebenenfalls auch bei Arbeitskämpfen zu erhöhen.« Keller wies zudem darauf hin, wie günstig die Gelegenheit gerade ist, da die Tarifverhandlungen im Herbst mit der Zeit der Koalitionsverhandlungen nach der anstehenden Bundestagswahl zusammenfallen.

In den vergangenen Jahren gab es schon mehrere Initiativen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für den Mittelbau an den Hochschulen, die aber alle nach relativ kurzer Zeit wieder im Sande verliefen. »So intensiv, rege und anhaltend wie jetzt wurde noch nie über die Prekarität der an den Universitäten beschäftigten Wissenschaftler*innen geredet«, beschreibt Barbara Bringmann die Chance des Moments. Die Studentin betont, dass sich niemand vom hohen Qualitätslevel der Lehre der meisten wissenschaftlichen Mitarbeiter über deren prekäre Arbeitsbedingungen täuschen lassen sollte. »Das ist ja gerade das große Verdienst der Wissenschaftler*innen - dass sie trotz dieser unhaltbaren Zustände alles geben«, sagt sie.

Seit Kurzem ist von der GEW eine Petition mit dem Titel »Dauerstellen für Daueraufgaben« geschaltet, die bisher bereits knapp 10 000 Menschen unterzeichnet haben. Dauer- statt ständig neu befristete Stellen wären insofern gut, da sich so jene Wissenschaftler*innen, die gerne lehren, fokussiert dieser Lehre zuwenden könnten. Und umgekehrt könnten die, die lieber forschen, dann eben mehr Forschung machen, erläutert Bringmann.

Die nächste Online-Aktivenkonferenz der GEW findet unter dem Titel »Entfristet Hanna« am 29. September von 10 bis 17 Uhr statt.

Anmeldungen sind bis 27. September auf gew.de möglich.

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