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Ein Volksgruppenexperte
CDU-Politiker Christoph de Vries sorgt mit kruden Thesen über Zuwanderung für Empörung
Bisher war er eher ein Hinterbänkler: Christoph de Vries (CDU), seit 2017 Bundestagsabgeordneter. Doch seit einigen Tagen ist der Hamburger unfreiwillig Twitter-Star. In dem Kurzbotschaftenportal kursiert eine Videosequenz, in der er mehr als krude Theorien zum Thema Migration äußert. »Deutschland ist kein Einwanderungsland einfach deshalb, weil es ein genuin deutsches Volk gibt«, erklärt der 46-Jährige da. Anders sei das in den USA oder Australien, »die kein eigenes Volk gehabt haben, sondern allein sich aus eingewanderten Volksgruppen gebildet haben«.
Wenn Weiße sich also irgendwo ans Umvolken machen, wäre das nach dieser Lesart normal und richtig, wenn es Nichtweiße tun, ein Problem. Bereits im Zielgebiet lebende Menschen wären bei dieser Art des Nationbuilding also locker zu ignorieren. De Vries hat aber davon gehört, dass Ureinwohner in den von ihm genannten Einwanderungsländern massakriert, vertrieben, eingesperrt, zwangsassimiliert wurden. Das stellt er in einem Facebook-Post vom 20. Juli klar.
Darin beklagt er sich zugleich über böswilliges Aus-dem-Zusammenhang-Reißen seiner Worte und eine von einer islamistischen Gruppe lancierte »Rufmordkampagne«. Die zitierten Sätze hat er am 5. Juli auf einer Veranstaltung unter dem Titel »Politischer Islam in Deutschland - Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt« in Frankfurt am Main gesprochen. Die Empörung vieler Linke- und Grünen-Politiker*innen über seine »völkischen« Thesen findet er so absurd wie den Vorwurf, er leugne die Existenz indigener Völker und ihnen zugefügtes Unrecht. Er räumt aber ein, es wäre wohl »richtiger und historisch zutreffender gewesen«, das »in dem Kontext ausdrücklich« zu erwähnen. Rassismus, beteuert de Vries, liege ihm fern.
Dabei offenbart der vollständige Veranstaltungsmitschnitt weitere Abgründe in seinem Weltbild. Da schreibt er »Ethnien« ein für sie typisches Integrationsverhalten zu. Russlanddeutsche stünden »auf demselben Niveau wie die Biodeutschen«, meint de Vries. Die »fleißigen« und »bildungsaffinen« Asiaten folgten »kurz dahinter«. Am »unteren Ende dieser Integrationsskala« stünden »die türkischen Migranten und in den letzten Jahren eben die aus dem arabischen Raum«. Noch Fragen?
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