Zukunftsmusik

Oksana Lyniv stand als erste Frau in Bayreuth am Dirigentenpult

Es gibt Institutionen, die sind so archaisch, dass man nicht ernsthaft an ihre Reformierbarkeit glauben mag. Dennoch kommt es hin und wieder zu kleinen Bewegungen, die man mit Wohlwollen als Fortschritte bezeichnen kann. Als außerhalb solcher Institutionen Stehender muss man sich dann fragen: Soll ich applaudieren, weil sich innerhalb reaktionärer Kreise ein bisschen Erkenntnis durchsetzt?

Die Oper ist ein solches steifes Gebilde, das angesichts der Phänomene der Gegenwart gerne in Stockstarre fällt. Oksana Lyniv, 1978 im ukrainischen Brody geboren, hat allen Gepflogenheiten des Betriebs zum Trotz nach dem Dirigierstab gegriffen – und sich als Könnerin ihres Fachs bewiesen. Der Platz hinter dem Dirigentenpult ist traditionell Männern vorbehalten – eine überkommene Sitte, die sich erstaunlich lange hält. Lyniv wurde an der Musikakademie in Lviv und an der Dresdner Hochschule für Musik »Carl Maria von Weber« ausgebildet und lernte schon bald als Assistentin bei Kirill Petrenko an der Bayerischen Staatsoper. Seit Jahren geht sie nun eigene künstlerische Wege, war Chefdirigentin in Graz, arbeitete in Berlin, Wien und Barcelona, dirigierte Bartók und Tschaikowsky, Verdi und Strauss. Seit 2017 ist sie künstlerische Leiterin des von ihr initiierten Festivals LvivMozArt in der Ukraine und wirkt an den wichtigsten Häusern.

Am Sonntag hat Lyniv das Dirigat für die Eröffnung der Bayreuther Festspiele übernommen. Richard Wagners »Der fliegende Holländer« – nicht gerade ein Musiktheaterstück mit emanzipatorischem Anspruch. Die Bayreuther Festspiele sind nicht nur eine führende Einrichtung des Opernbetriebs, sondern auch deren konservatives Rückgrat. Dass hier schon mehrfach Frauen das Sagen hatten, hat mit Familienbande, nichts mit Fortschrittlichkeit zu tun. Dass Lyniv mit ihrem Dirigat überzeugt hat, hat sie sich selbst zu verdanken. Der Applaus gilt ihr, nicht den Festspielen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.