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Mit »Lochkamera« auf Sternensuche
Genial einfaches Werkzeug für das mühsame Geschäft der Himmelsdurchmusterung
Mit dem bloßen Auge erkennen wir am Himmel einige Tausend Sterne. Benutzen wir ein Teleskop, werden es immer mehr, je nach der Leistungsfähigkeit des Fernrohrs. Will man sie erforschen, nützen Aussagen über einzelne Objekte wenig. Deshalb haben sich die Astronomen seit Langem die mühselige Arbeit sogenannter Durchmusterungen aufgebürdet. Stern für Stern wird ins Visier genommen und nach seinen Eigenschaften katalogisiert.
Besonders mit dem Aufkommen der Spektralanalyse um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Spektraldurchmusterungen immer wichtiger. Das durch Glasprismen zerlegte Licht eines Sterns verrät uns seine Temperatur, seine chemische Zusammensetzung und viele andere Parameter. Doch jedes Spektrum einzeln aufzunehmen ist zeitaufwendig. Deshalb brachte die Nutzung sogenannter Objektivprismen, die schon der Physiker Joseph Fraunhofer für seine Studien benutzt hatte, einen gewissen Rationalisierungsschub: vor das Objektiv des Fernrohrs wird ein Prisma angebracht, sodass in der Brennebene die Spektren aller Sterne gleichzeitig erscheinen. Viele Einzelheiten waren so allerdings nicht zu erkennen und bei schwächeren Sternen überdeckten sich die Spektren oft gegenseitig.
Doch nun ist seit dem Jahre 2000 ein verblüffend einfaches Verfahren in Gebrauch gekommen, um massenweise spektroskopische Daten zu gewinnen. Das internationale Projekt, an dem u. a. auch das Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam und mehrere deutsche Max-Planck-Institute beteiligt sind, nennt sich »Sloan Digital Sky Survey« (SDSS) nach der Stiftung des früheren Chefs von General Motors, Alfred P. Sloan, die wesentliche finanzielle Mittel bereitstellte.
Beim SDSS wird in der Brennebene des Teleskops, wo die Objekte abgebildet werden, eine Aluminiumplatte von 80 Zentimetern Durchmesser angebracht, die auf eine ganz besondere Weise präpariert ist. Sie enthält nämlich Hunderte Bohrlöcher genau dort, wo das Licht des jeweiligen Objekts auftrifft. In jedes Loch wird sorgfältig eine optische Faser eingeführt, die das Licht zum Spektrografen leitet. Auf diese Weise können Hunderte Spektren hoher Qualität gleichzeitig gewonnen werden - ein erfreulicher Gewinn an Effizienz. Schon nach zweimonatigem Betrieb, so erklärte Projektleiter Mike Blanton von der New York University, waren so viele Daten über Rotverschiebungen von Spektrallinien gewonnen, wie in der gesamten Zeit davor mit klassischen Methoden.
Für die Durchmusterung ist am Apache Point Observatorium in New Mexico eigens ein spezielles Teleskop mit 2,5 Metern Spiegeldurchmesser entwickelt und gebaut worden, das über eine digitale Kamera aus 30 CCD-Chips verfügt, die in fünf verschiedenen Wellenlängen messen. Um das Beobachtungsprogramm, das etwa ein Drittel des gesamten Firmaments umfasst, abarbeiten zu können, wurden insgesamt mehr als 12 000 Alu-Platten mit etwa 15 Millionen Löchern versehen, die auf wenige tausendstel Millimeter genau angebracht werden mussten.
Doch die in mehreren Etappen durchgeführten Arbeiten haben reiche Früchte getragen. SDSS stellt die bislang umfassendste 3D-Kartierung des Himmels dar. Da die untersuchten Objekte sich in sehr unterschiedlichen Entfernungen befinden, enthalten die Daten auch Aussagen über die Vergangenheit des Universums. So konnte mit den kürzlich publizierten SDSS-Daten z. B. eine Lücke von 11 Milliarden Jahren in der Geschichte des Universums geschlossen werden, weil es gelungen ist, aus den Spektren von Galaxien deren Entfernungen abzuleiten. Aber auch zur Geschichte unseres eigenen Sternsystems gab es neue Erkenntnisse. So sind ganz unerwartet auch noch rund 100 000 Asteroiden entdeckt worden, zu denen auch wesentliche Eigenschaften wie ihre Zusammensetzung und Oberflächenstruktur ableitbar waren. Auch zahlreiche bisher unbekannte Vertreter aus der Gruppe der sogenannten Braunen Zwerge - weder Planet noch entwickelter Fixstern - konnten identifiziert werden.
Da sich aus der Kombination von Helligkeiten, Spektren und Positionen auch die Bewegungen von Einzelsternen ableiten lassen, fanden die Forscher zahlreiche bislang unbekannte Sternströme. Die Mitglieder einer solchen Gruppe zeichnen sich durch die gemeinsame Bewegung im Raum aus und sind gemeinsam entstanden. Die Zahl der bekannten Sternsysteme in unserer kosmischen Umgebung erhöhte sich um 17 neu entdeckte Zwerggalaxien.
Das Projekt ist aber noch längst nicht abgeschlossen, wenn auch die bisherigen Alu-Platten ausgedient haben. In der neuen Phase des SDSS sollen Roboter eingesetzt werden, um die optischen Fasern umzuordnen, während die Fasern früher von Hand eingesetzt werden mussten. Dadurch lassen sich noch mehr Objekte in noch kürzerer Zeit vermessen. Die Astronomin Juna Kollmeier, Leiterin der neuen Phase des Projekts, strebt die Vermessung des gesamten Himmels an und erklärt: »Wir haben wichtige Schnappschüsse des Universums gemacht, jetzt ist es an der Zeit, einen Film zu drehen.« Alle gewonnenen Daten sind übrigens frei zugänglich, sodass sie von interessierten Wissenschaftlern weltweit genutzt werden können. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass bislang etwa 8000 wissenschaftliche Publikationen erschienen sind, die auf den mannigfaltigen Informationen fußen, die in den Daten des SDSS verborgen sind.
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