Unnütze Kraftprobe

Mehr Druck auf Ungeimpfte ist nicht sinnvoll

In mehreren Bundesländern gibt es Pläne, die Lohnfortzahlung für Menschen einzustellen, die eine Impfung verweigern und in Quarantäne müssen. Das ist aus mehreren Gründen keine gute Idee. Zum einen könnten Betroffene versuchen, die Aufforderung zur Quarantäne einfach zu ignorieren. Wenn sie selbst symptomfrei sind und im schlechtesten Fall die Pandemie für eine Erfindung halten, würde das mancherorts sogar funktionieren. Epidemiologisch entstünden neue, nicht erklärbare Ansteckungen.
Außerdem käme mit dem Vorgehen eine andere Idee ins Wanken: Arbeitgeber könnten die Kosten für eine Freistellung nicht mehr einfach zurückfordern, meist vom Gesundheitsamt, wie bisher möglich. Sie könnten nun aus der Firmenkasse weiter zahlen oder müssten den Impfstatus des Beschäftigten abfragen. Letzteres ist aktuell nur für wenige Berufsgruppen zulässig, etwa in Schulen oder Kitas. Mit den neuen Plänen käme diese Abfrage durch die Hintertür zurück.

Schließlich ist zu bezweifeln, dass weiterer Druck auf Ungeimpfte wenigstens einen Teil von diesen noch umstimmen würde. Gewerkschaften gehen in ihrer Ablehnung der neuen Pläne davon aus, dass noch mehr Konflikte in den Betrieben entstehen würden. Das Druckmittel Lohnausfall trägt eher zu einer allgemeinen Misstrauenskultur bei.
Dass die Allgemeinheit nicht für die Kosten der Weiterbezahlung von Impfunwilligen aufkommen dürfe, ist zudem ein Argument, das in eine ungute Richtung führt. Als nächstes könnte jemand auf die Idee kommen, Ungeimpfte im Coronafall von der gesetzlich finanzierten Versorgung auszuschließen.

Bleibt der Fortschritt bei der Impfwoche ab Montag unter den Erwartungen, gibt es noch ein Argument mehr dafür, dass in der Pandemie eben die Gesamtperformance von Regierungen, Behörden und Medien zählt. Wenn hier zu viel Vertrauen verloren wurde, kann das auch kein höherer Druck ausgleichen.

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