• Kultur
  • Geschlechtergerechte Sprache

»Gendern« ist ein rechter Kampfbegriff

Jeja nervt: »Natürlich ist ein im Maskulinum stehender Satz ein «gegenderter» Satz!«

  • Jeja Klein
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenige Wochen vor der Wahl machen die CDU-geführten Bundesländer Sachsen und Schleswig-Holstein mit Verboten des »Genderns« auf sich aufmerksam. Der Kulturkampf von rechts ist in vollem Gange: Seit Monaten wurde gegen den vermeintlichen Zwang zum Sprachwandel und linksgrüne »Verbotskultur« getrötet, bis »der Arzt« respektive das CDU-»Gender«-Verbot kam. Dabei ist allein schon die Verwendung des Wortes »Gendern« beim Thema geschlechtergerechte Sprache so ein ärgerlicher Quatsch, dass schaudern muss, wem an der deutschen Sprache etwas liegt. Ich zähle mich dazu.

Der Ausdruck »Gendern« bezieht sich landläufig auf die Nutzung weiblicher und nichtbinärer Formen. Dann erscheint das generische Maskulinum aber nicht als »gegenderte« Sprache, ist also kein »Gendern«. Dabei handelt es sich doch bei den Formen Femininum wie auch Maskulinum um das »Genus« eines Wortes. »Gender«, »Genus« - fällt Ihnen was auf? Das eine stammt aus dem Lateinischen, das andere aus dem Englischen. Das eine soll urdeutscher Standard sein, das andere jedoch eine linkspolitische Sprachinvasion aus fremden, verrückten Landen. Und nein, das ergibt keinen Sinn.

JEJA NERVT

Jeja Klein ist eine dieser Gender-Personen aus dem Internet und nörgelt einmal die Woche an Kultur und Politik herum. dasnd.de/jejanervt

Natürlich ist ein im Maskulinum stehender Satz ein »gegenderter« Satz. Umgekehrt ist gerade der Satz »Die Lehrer*innen begrüßten die Schüler*innen« eben kein »gegenderter« Satz: Subjekt und Objekt sind nicht hinsichtlich ihres Geschlechtes erörtert. Das Geschlecht ist egal, denn für die Veranstaltung in der Schulaula ist es irrelevant. Der Satz »Die Lehrer begrüßten die Schüler« jedoch steht im Genus Maskulinum. Er ist also »gegendert«, »Gendersprache« - oder auch »Gender-Gaga«, wenn Sie so wollen.

Nun ist also erklärungsbedürftig, warum »Gender« so viel Wut und Mobilisierung erzeugt, das »Genus« jedoch überhaupt nicht. Mit dem Begriff »Gender« versuchten US-amerikanische Feminist*innen im vergangenen Jahrhundert, die philosophische Debatte um angeborene und erworbene Eigenschaften weiterzuführen. Sie argumentierten: Ja, es gibt biologische Geschlechtsunterschiede zwischen Männern und Frauen »(sex«), aber diese rechtfertigen nicht das Machtungleichgewicht bei den kulturellen Geschlechterunterschieden (»gender«). Geschlechterrollen, die Menschen unabhängig von jeder biologischen Notwendigkeit einnähmen, seien »gender«, aus dem Grund, weil sie in eine patriarchale Dominanzkultur hineinwachsen.

Judith Butler wiederum kritisierte das Konzept der Trennung von »sex« und »gender« und argumentierte, dass überhaupt nicht angegeben werden könne, welche Eigenschaften das ominöse »sex« haben solle, weil dieses Darüber-Reden immer schon eine kulturelle Ausdeutung eines »biologischen« Geschlechts, damit also selbst schon »gender« sei. Diese Butler’sche Kritik war so banal und gleichzeitig so bedeutsam, dass man heute in den Sozialwissenschaften eigentlich nicht mehr daran vorbeikommt. Weil Antifeminist*innen das Argument nicht anerkennen wollten, das es in einer früheren Form schon beim strahlenden Helden der Aufklärung gab, bei Immanuel Kant (»Ding an sich« und »Erscheinung«), lancierten sie in den 90ern ein bis heute andauerndes Missverständnis. Sie deuteten Butler zu einer Transgender-Priesterin um, die über die grenzenlose Fluidität des Geschlechts philosophiere.

Bis heute hält sich diese aufgeworfene Assoziation von »Gender« zu »Transgender« und schafft es so, all die verdrucksten Gefühle, die Menschen zu »Männern in Frauenkleidern« empfinden, in den Begriff »Gender« zu laden. Sie weisen damit Frauen(!)förderrichtlinien (»Gender-Mainstreaming«) als »Geschlechtsumwandlungsprogramme« zurück oder treten, wie die Türkei oder Ungarn, aus einem Gewaltschutzabkommen für Frauen aus. Wegen dieses Hintergrunds funktioniert der Kampfbegriff »Gendern« auch in Bezug auf geschlechtergerechte Sprache so gut. Er soll überhaupt keinen Sinn ergeben, sondern Wut mobilisieren. Deshalb sollten Journalist*innen »Gendern« auch nur in Anführungszeichen zitieren. Alles andere ist einfach kein Deutsch.

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