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Frankreichs heißen Herbst im Blick
Das Pressefest der »L‘Humanité« stimmt auf die anstehenden sozialen Proteste und den Wahlkampf ein
Nachdem das Pressefest der Zeitung »L‘Humanité« 2020 coronabedingt nur in kleinem Rahmen in Paris stattfinden konnte, kehrte es an diesem Wochenende zum gewohnten Ort, dem Park der Vorstadt Le Courneuve, zurück. Trotz der Verpflichtung, eine Maske zu tragen und per Sanitärpass seine Impfungen nachzuweisen, war es stärker besucht als erwartet.
Inhaltlich stand das Pressefest im Zeichen eines sich abzeichnenden sozial heißen Herbstes, aber auch der Präsidentschaftswahl im kommenden April warf seine Schatten voraus.
Die Gewerkschaften wollen verhindern, dass die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie weitgehend auf die arbeitenden Menschen abgewälzt werden. Während das vergangene Jahr viel Kurzarbeit und damit Lohneinbußen mit sich brachte, konnten sich die meisten Unternehmen dank der milliardenschweren Finanzhilfe der Regierung nicht nur behaupten, sondern im laufenden Jahr sogar einen bemerkenswerten Aufschwung verzeichnen. Nach einem Rückgang 2020 um acht Prozent wird für 2021 mit einem Wirtschaftswachstum von sechs Prozent gerechnet. Im ersten Halbjahr kassierten die an der Pariser Börse notierten 40 führenden Konzerne 60 Milliarden Euro Gewinn, 41 Prozent mehr als im selben Zeitraum 2019. Gleichzeitig schlägt die Unternehmerseite bei den gegenwärtigen Lohnverhandlungen nur eine Erhöhung von durchschnittlich 1,45 Prozent vor, was unter der Inflationsrate von etwa zwei Prozent liegt und damit zu einer Verschlechterung der Kaufkraft der Löhne führen würde.
»Das werden wir nicht hinnehmen«, sagte der Vorsitzenden der CGT-Gewerkschaft Philippe Martinez auf einer Podiumsdiskussion des Pressefestes. Die Gewerkschaften lehnen auch nahezu geschlossen die Absicht von Präsident Macron ab, in den verbleibenden Monaten bis zur Präsidentschaftswahl die geplanten großen Reformen, die wegen der Bewegung der Gelben Westen und wegen Corona zeitweise auf Eis gelegt waren, jetzt noch unter Aufbringung aller Kräfte durchzusetzen. Dabei handelt es sich vor allem um die Rentenreform, die eine Aufstockung des Renteneintrittalters vorsieht, und die Reform der Arbeitslosenversicherung, durch die die Bezüge stark gekürzt werden sollen. »Gegen diese Pläne werden wir entschlossen und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen«, warnte Martinez.
Der bevorstehende Präsidentschaftswahlkampf kündigte sich auf dem Pressefest durch Überraschungsgäste bei den Podiumsdiskussionen an. Beispielsweise kam erstmals Valérie Pécresse, die Ratspräsidentin der Pariser Region und Anwärterin auf die Präsidentschaftskandidatur seitens der rechten Partei der Republikaner. Sie legte ihre kritischen Positionen zur wirtschaftlichen und sozialen Situation des Landes dar und warb so praktisch schon um Wähler. Zu den Teilnehmern zählten auch die sozialistische Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die an diesem Wochenende ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahl bekanntgegeben hat, sowie der Regierungssprecher Gabriel Attal, der in der Diskussion die Bilanz und die Positionen von Präsident Emmanuel Macron verteidigte.
Sie alle hatten es nicht leicht gegenüber den Zuhörern. Anders als Fabien Roussel, der Nationalsekretär der Kommunistischen Partei, der ebenfalls bei der Präsidentschaftswahl kandidieren wird und der in seinem gerade erschienenen Buch »Mein Frankreich - glücklich, solidarisch und stolz« bereits sein Wahlkampfprogramm skizziert hat. Er engagiere sich vor allem für mehr Gerechtigkeit und Respekt für die arbeitenden Menschen, erklärte er. Um die Reichtümer gerechter zu verteilen, konzentriere er sich als Parlamentsabgeordneter besonders auf den Kampf gegen Steuerflucht. Durch Gesetzesänderungen müsse der trickreichen »Optimierung« der Steuern ein Riegel vorgeschoben werden.
Auf Kritik, dass er als einer von sechs linken Präsidentschaftskandidaten zur Aufsplitterung der Kräfte beitrage, antwortete Roussel, dass er im Gegenteil die Linke insgesamt stärke, indem er sich vor allem an die elf Millionen Franzosen wendet, die bei der Präsidentschaftswahl 2017 der Urne ferngeblieben sind und deren Abwandern zur extremen Rechten verhindert werden müsse.
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