Fahrlässige Corona-Strategie

Impf-Aktionswochen werden in der jetzigen Situation der Corona-Pandemie in Deutschland wenig bringen

Eine Impf-Aktionswoche mit niedrigschwelligen Angeboten an ungewöhnlichen Orten wäre vor einigen Monaten eine Superidee gewesen. Jetzt aber kommen Aktionen zum Ködern Unentschlossener zu spät. Viele Leute haben sich nach reiflicher Überlegung eine Meinung gebildet, daher braucht es überzeugende Aufklärungsarbeit und zwar von unten. Das Impfteam neben dem Bratwurststand am Baumarkt kann dies nicht leisten, es müssen dickere Bretter gebohrt werden.

Davon ist bei den Verantwortlichen nicht die Rede. Sie beschimpfen wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lieber die Ungeimpften pauschal als »Impfmuffel« – so etwas schadet der Bereitschaft noch. Das gilt vermutlich auch für die 2G-Strategie, die zuerst in Hamburg begonnen wurde und zu mehr Corona-Partys bei Jugendlichen führen dürfte. Zunehmend bietet sich in der politischen Landschaft das Bild einer Covid-Strategie, die sich nur um Impfquoten dreht. Werden die Zielvorgaben nicht erreicht, hat man den Sündenbock für die vierte Welle gefunden: die Ungeimpften.

Das ist grob fahrlässig. Natürlich sollte die Impfquote weiter erhöht werden, doch dafür bräuchte es eine Strategie. Auch dann dürfen Fortschritte nicht überschätzt werden, denn mit Delta gibt es mehr Impfdurchbrüche und – selten – auch die Virusweitergabe durch Geimpfte. Daher müssen über den Winter ein letztes Mal die richtigen nicht-pharmakologischen Maßnahmen jenseits von Lockdowns bereitstehen. Das Gegenteil ist der Fall, da die steigenden Inzidenzen kaum mehr eine Rolle spielen: Bund und Länder haben die Quarantäneregeln an Schulen gelockert – in Armin Laschets Bundesland werden sie ganz gestrichen. Virologen warnen bereits vor einer »Durchseuchung« der Jüngsten. Impfungen gegen falsche politische Entscheidungen gibt es leider nicht.

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