• Kommentare
  • Flüchtlinge im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus

Kaltes Wasser statt Schutz

Ulrike Wagener über die polnische Strategie an der EU-Ostgrenze

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 2 Min.

Polnische Grenzwächter beschießen Menschen aus Kriegsgebieten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt mit kaltem Wasser, feuern Warnschüsse ab, setzen Reizgas ein – und verwehren gleichzeitig Hilfsorganisationen Zutritt ins Grenzgebiet zu Belarus. Es mutet bizarr an, dass gerade an einem solchen Tag das höchste Gericht der EU Polen wegen rechtsstaatlich fragwürdiger Praktiken verurteilt, während sich kaum ein führender EU-Politiker dazu durchringen kann, Polens Umgang mit den Schutzsuchenden als solche Praxis zu bezeichnen.

Dabei lautet ein Grundrecht der Europäischen Union – jedenfalls auf dem Papier: »Jeder, der vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden in seinem Herkunftsland flieht, hat das Recht, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.« In Polen wird genau das systematisch verhindert, indem den Menschen ohne Prüfung die Einreise verweigert wird oder sie sogar wieder zurück auf die belarussische Seite gebracht werden – ein Verstoß gegen das Verbot sogenannter Kollektivausweisungen.

Krieg gegen Schutzsuchende. Karl Kopp fordert, das Asylrecht, das Recht auf Leben und Menschenwürde zu verteidigen

Doch offensichtlich will kein Mitglied der Europäischen Union diese Rechte gewähren. Sonst würde man wohl auch hier Kritik an der polnischen Regierung hören. Stattdessen fordert der geschäftsführende Innenminister Horst Seehofer (CSU), das Land beim Mauerbau zu unterstützen. Und Noch-Außenminister Heiko Maas (SPD) will allein an den Flugtickets erkennen, dass die Menschen keinen Anspruch auf Asyl hätten, und spricht sich dafür aus, sie in ihre Herkunftsländer zurückzuführen. Doch einen Asylantrag müsste man zuerst prüfen. Statt geltendes Recht einzuhalten, behandelt man die Menschen an der EU-Ostgrenze wie Gesandte des Diktators und folgt damit der Logik von Alexander Lukaschenko, der sie in diesem Sinne für seine Zwecke instrumentalisiert.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!