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Nächster Versuch gegen Rigaer 94
Briefkastenfirma will Wohnungen im Haus räumen lassen und zieht diesen Donnerstag vor Gericht
Im Konflikt um die Miet- und Eigentumsverhältnisse in der Rigaer Straße 94 stehen in den kommenden Monaten zahlreiche Verhandlungen vor Gericht an. Schon diesen Donnerstag beginnt der erste Prozess vor dem Amtsgericht Kreuzberg - die Klägerseite verlangt die Räumung einer Wohnung im umkämpften Haus. Darauf folgen Verhandlungen um zehn weitere Räumungsklagen gegen Mieter*innen des Hausprojekts, sagt Rechtsanwalt Benjamin Hersch zu »nd«. Er ist in drei dieser Verfahren Verteidiger der betroffenen Mieter*innen. Am 17. Dezember werde eine weitere der Räumungsklagen verhandelt, die restlichen Termine stünden noch nicht fest, sagt er.
»Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Vollmacht der Eigentümerin nicht legitimiert ist«, so Hersch. Schon seit Jahren setzen sich die Berliner Gerichte damit auseinander, ob der Anwalt Markus Bernau von der britischen Briefkastenfirma Lafone Investments Limited, die Eigentümerin des Hauses ist, ausreichend bevollmächtigt ist. »Bisher hat kein einziges Gericht die Vollmacht des Anwalts in einem Urteil als legitimiert anerkannt«, so der Fachanwalt für Mietrecht. Nur einen Beschluss in einem Eilverfahren habe es in der Vergangenheit gegeben, die die Vollmacht anerkannt habe, und das auch nur mit der Begründung, für ein solches Eilverfahren sei eine umfassendere Beweiserbringung zur Legitimierung nicht notwendig. »Bisher wissen wir gar nicht, inwiefern die Eigentümerin des Hauses überhaupt existiert. Vor Gericht ist sie noch nicht erschienen«, sagt Hersch. Außerdem sei unklar, ob die Lafone Investments Limited nach Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU überhaupt in Deutschland rechtsfähig sei.
Das Amtsgericht Kreuzberg hat in dem aktuellen Verfahren bereits in den Unterlagen den Hinweis gegeben, dass Zweifel an der Vollmacht bestehen. Weiterer Verteidiger im Prozess ist Henrik Solf, der mit Benjamin Hersch und anderen Anwält*innen zur Unterstützung der Bewohner*innen der Rigaer 94 zusammenarbeitet. Im konkreten Fall sei den Mieter*innen von der Gegenseite gekündigt worden, weil die Miete von den Bewohner*innen auf ein falsches Konto gezahlt worden sei. »Die Mieter*innen wurden nicht ordentlich über den Eigentümerwechsel informiert und haben deshalb an den alten Eigentümer überwiesen«, so Solf zu »nd«.
Am Prozesstag diesen Donnerstag rechnet Solf nicht mit einer Urteilsverkündung. »Diese Verhandlung wird nicht die letzte im Verfahren sein«, sagt er. Es seien noch einige Fragen an die Gegenseite offen, die nötigenfalls in der Beweisaufnahme beantwortet werden müssten. »Wenn das Gericht mutig ist, dann weist es die Klage direkt ab«, sagt sein Kollege Benjamin Hersch. Wahrscheinlicher sei es aber, dass der Richter ausführlich darlegen werde, warum er die Vollmacht für nicht legitimiert halte, und ein Verkündungstermin für das Urteil noch folgt. »Das Gericht wird aber auf jeden Fall zu erkennen geben, wie es zur Frage der Vollmacht steht«, so Hersch.
Aus dieser Perspektive könne der erste von vielen Räumungsprozessen die Richtung für die kommenden Verfahren gegen die Bewohner*innen des Hausprojekts weisen. »Es kann eine Vorentscheidung über die Legitimation der Vollmacht sein, die die anderen Abteilungen übernehmen«, so Rechtsanwalt Hersch. Allerdings seien für die anderen zehn Verfahren jeweils verschiedene Richter*innen zuständig, die auch anders als das Gericht heute entscheiden könnten.
Im Februar steht außerdem eine weitere Verhandlung über die »Kadterschmiede« an, Kneipe und Veranstaltungsort in der Rigaer 94. Deren Räumung konnte in der Vergangenheit wegen der mangelhaften Vollmacht ein ums andere Mal vor Gericht verhindert werden. Auch für diesen Prozess kann eine Entscheidung im jetzigen Verfahren ausschlaggebend sein, sagt Hersch, der die »Kadterschmiede« im Verfahren vertritt.
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