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Dein Kleid will mich was lehren
Die proletarische Schwester des Weihnachtsbaums: der Bügelbaum
Der lieben Tradition wegen lässt man bekanntlich so einiges über sich ergehen. Aber Tannenbäume zu Weihnachten? Auch ein kleines Gewächs ist eigentlich schon zu groß für eine bezahlbare Wohnung. Lässt sich so ein Weihnachtsbaum unter dem Aspekt der Klimagerechtigkeit überhaupt rechtfertigen? Brandschutztechnisch sind Kerzen und Gehölz eine denkbar schlechte Kombination. Und der Dreck, den das macht! Nicht zuletzt ist die geschmückte Tanne der Inbegriff der Feiertagsspießigkeit, ein Ausweis der eigenen Kleinbürgerlichkeit.
Im äußersten Nordosten Deutschlands pflegt man seine eigenen widerständigen Traditionen. Auf Hiddensee und Rügen, wo man heute nichts hat - außer Touristen - und wo man früher erst recht nichts hatte - noch nicht mal Nadelbäume -, hat der Weihnachtsbaum, bekannt aus den hübschen Bürgerstuben, eine proletarische Schwester: den Bügelbaum.
In Ermangelung von Tannen griff man zu Weidenzweigen, die man kunstvoll zu Ringen formte und ineinandergesteckt an einem Stab befestigte. So wurden sie mit Buchs, wahlweise Wacholder, umwickelt, mit Strohsternen, Äpfeln und Seidenpapieren versehen. Die Zweige haben mittlerweile geschmiedeten Ringen Platz gemacht. Heute erobert sich der Bügelbaum wieder die Wohnräume zurück - dem kolonialistischen Vorstoß der Festlandbewohner mit ihren Tannenbäumen zum Trotz. Frohe Weihnachten - und, bei aller Besinnlichkeit, immer einfallsreich bleiben!
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