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  • Senatsklausur von Rot-Grün-Rot in Nauen

Rot-Grün-Rot macht Landpartie

Auf einer zweitägigen Klausur in Nauen einigt sich der Berliner Senat auf 40 Maßnahmen für ein 100-Tage-Programm

  • Martin Kröger, Nauen
  • Lesedauer: 4 Min.

Die erste gemeinsame Reise führt den rot-grün-roten Senat ins Brandenburgische. Mit dem Nachbarland wird eine bessere Zusammenarbeit angestrebt. Übers Wochenende zog sich die neue Senatsriege deshalb auf das historisch auch über die Familie Borsig mit Berlin verknüpfte Landgut Stober nach Nauen zurück, um über erste dringende Maßnahmen eine Verständigung zu erzielen und sich besser kennenzulernen. Das Tagungshotel Landgut Stober westlich Berlins zählt zu den nachhaltigsten Deutschlands, das passt natürlich auch zum eigenen politischen Anspruch des Senats, die sozial-ökologische Wende in den kommenden Jahren in der Metropole voranzubringen.

»Wir haben uns ein Stück weit als Senat gefunden«, erklärte die Vizesenatschefin und Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) im Anschluss der Klausur auf einer Pressekonferenz. Auch über das Wie der Zusammenarbeit sei gesprochen worden, hieß es. Gar einen Song hat Rot-Grün-Rot bereits gefunden, der die Zusammenarbeit in Zukunft symbolisieren soll: »Harmonie ist Strategie« von der Hamburger Band Tocotronic.

100-Tage-Programm der Mitte-links-Regierung

Der Berliner Senat will in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit 40 konkrete Vorhaben anstoßen oder umsetzen. Zentrale Punkte dabei sind die Gründung eines Bündnisses für Wohnungsbau und bezahlbare Mieten mit zahlreichen Akteuren, erste Schritte zur Verbeamtung von Lehrern und die Vorlage eines Haushaltsentwurfes bis zum 22. Februar, wie die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Sonntag nach dem Treffen im brandenburgischen Nauen mitteilte.

Geplant ist zudem, den Landesmindestlohn von 12,50 auf 13 Euro je Stunde zu erhöhen und organisatorische Grundlagen für den Radwegeausbau zu legen. Die 100-Tage-Frist begann mit dem Amtsantritt des Senats am 21. Dezember und läuft also bis Ende März.

Konkrete Beschlüsse zur Einsetzung einer Kommission von Expertinnen und Experten, die zum erfolgreichen Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen, wurden auf der Klausur nicht getroffen. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) soll einen Vorschlag machen, wie die Kommission zur Prüfung der Möglichkeiten, der Wege und Voraussetzungen der Umsetzung des Volksbegehrens aussehen könnte. Dann wird es dazu eine Senatssitzung geben.

Im Bereich Innere Sicherheit will die Koalition in den ersten 100 Tagen einen Konzeptentwurf dazu erarbeiten, wie eine Polizeiwache am Kottbusser Tor in Kreuzberg errichtet werden könnte, um die Kriminalität besser zu bekämpfen. mkr

»Insgesamt wird das nur ein Erfolg, wenn jeder seinen Erfolg haben kann und wir auch gemeinsam für den Erfolg arbeiten«, sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Damit setzt sich der neue Senat auch etwas vom alten Senat ab. Der hatte zwar im Vorfeld seiner Regierungsarbeit auch viel über ein »Gönnen-Können« gesprochen. Doch im Regierungsalltag haperte es dann daran in den vergangenen fünf Jahren. Im neuen Senat sind indes nur noch zwei Senatoren dabei, die bereits in den vergangenen Jahren an Bord waren, obwohl das grundsätzliche Parteienbündnis mit SPD, Grünen und Linke gleich bleibt: Vizesenatschef Klaus Lederer und Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD).

»Ich stimme in das Lob der wirklich guten, konstruktiven Atmosphäre ein«, sagte Vizesenatschef Klaus Lederer (Linke). »Klima ist nicht nur in der Stadt wichtig, sondern auch im Senat.« Bei allen Punkten wurde diskutiert, welche Senatsverwaltungen mitwirken müssen, damit die Projekte umgesetzt werden, so der Linke-Politiker. Neben der Schaffung gemeinsamer Regierungsrichtlinien befasste sich der Senat auch inhaltlich mit Maßnahmen, die in einem 100-Tage-Programm niedergeschrieben wurden (siehe Kasten).

Wichtigster Aspekt in dem Programm ist neben der Bekämpfung der Pandemie, die natürlich weiter fortgeführt werden soll, die Schaffung eines neuen Bündnisses für Neubau und bezahlbares Wohnen. »Wir haben uns verständigt, dass das Thema Wohnungsneubau ein Schwerpunkt des Senats sein wird«, erklärte Giffey. In dem Bündnis sollen verschiedene Akteure der Wohnungspolitik zusammenkommen, um den Neubau zu forcieren. Bis Juni dieses Jahres soll der Zusammenschluss aus Senatsvertretern, Wohnungswirtschaft, Bezirkspolitik und Vertreterinnen und Vertretern des Mieterschutzes stehen. Außerdem wollen sich Giffey und die Bürgermeister Jarasch und Lederer sowie weitere Senatsmitglieder an einer Senatskommission zum Wohnungsbau beteiligen. Diese soll Probleme mit dem Wohnungsbau ausbräumen. Ziel ist es, den Bau von bezahlbarem Wohnungen voranzubringen. »Wir wollen Knoten lösen«, betonte Giffey. Die Regierende will unter anderem wissen, was aus den bereits 60 000 genehmigten Wohneinheiten geworden ist, für die Baugenehmigungen zum Teil seit Jahren vorliegen, die aber bis zum heutigen Tage nicht von den Investoren errichtet wurden.

Insgesamt verständigte sich der Senat auf 40 Einzelmaßnahmen. Jedes Senatsressort muss bis Ende März ein sogenanntes Flaggschiff-Projekt stemmen. Damit die politischen Maßnahmen greifen können, muss allerdings noch eine finanzielle Grundlage dafür gelegt werden. Aktuell gibt es keinen Haushalt. Deshalb stehen alle Projekte unter der Einschränkung einer vorläufigen Haushaltsführung. Sprich: Die neuen Senatorinnen und Senatoren haben noch nicht wirklich die finanziellen Mittel, um ihre Vorhaben umzusetzen. Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) soll deshalb bis 22. Februar einen Entwurf für einen Doppelhaushalt 2022/2023 vorlegen, der danach noch vom Abgeordnetenhaus besprochen und beschlossen werden muss.

»Mit dem Haushalt werden wir die nötigen Zukunftsinvestitionen - Klimaschutz, Verkehr, Digitalisierung - absichern«, kündigte Bettina Jarasch an. Die Klimaschutzsenatorin freute sich in Nauen auch über ein spontanes Projekt, welches sie mit Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) und Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) ausbaldowert hat: Demnach soll eine Offensive für sogenannte Klima-Azubis gestartet werden. Diese Auszubildenden sind wichtig, um den Klimaschutz ganz konkret voranzutreiben, den sich das Mitte-links-Bündnis auf die Fahne geschrieben hat.

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