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  • Olympia-Bilanz von Peking

DOSB sucht neue Talente

Die deutschen Olympiasportler haben ihre Ziele erfüllt. Doch auf Schlittschuhen ist die Weltspitze enteilt

»Unser Ergebnis ist gut. Das Team hat die Zielstellungen erfüllt.« Nüchterner hätte Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig die Frage nach der Bilanz der deutschen Wintersportler bei den Olympischen Spielen von Peking kaum beantworten können. Und doch passte es zu diesem so steril wirkenden Pandemie-Olympia in China.

Die Zielstellungen waren recht vage formuliert worden. Bei der Medaillenzahl sollten sich die Athleten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) irgendwo zwischen dem Tiefpunkt 2014 in Sotschi (19) und dem folgenden Höhepunkt 2018 in Pyeongchang (31) einpendeln. Bleibt man so schwammig, kommt meist irgendetwas in der Mitte heraus: Und so gewann das Team in Peking 27-mal Edelmetall. Im Medaillenspiegel sollte es ein Platz unter den besten drei Nationen sein. Und natürlich wurde es der zweite. Die Norweger waren deutlich besser, stellten dabei aber mit 16 Goldmedaillen auch einen Rekord auf.

Der DOSB dürfte froh sein, dass sich die Debatten aus dem vergangenen Sommer damit nicht wiederholen. In Tokio hatten die Sommersportler das schlechteste Ergebnis seit 1992 eingefahren, und DOSB-Sportvorstand Schimmelpfennig musste sich Fragen zur Professionalität seines Verbands und zur Effizienz der Sportförderung gefallen lassen. Vor allem dank herausragender Ergebnisse im Eiskanal von Yanqing ist es nach den Winterspielen ruhiger. 16 von 30 zu vergebenen Medaillen im Rodeln, Skeleton und Bobsport gingen nach Deutschland, das neun der zehn Olympiasieger stellte. »Diese Dominanz vom Deutschen Bob- und Schlittenverband (BSD) haben wir nicht erwartet«, staunte sogar Schimmelpfennig. Vor allem die beiden Premierentitel im Skeleton durch Christopher Grotheer und die erst 21-jährige Hannah Neise, die zuvor noch nie auf einem Weltcuppodest gestanden hatte, waren nicht eingeplant gewesen. Überraschungen wie diese oder das Sensationsgold der Langlaufsprinterinnen Katharina Hennig und Victoria Carl lassen die Funktionäre nun ruhiger schlafen.

Dass Schimmelpfennig der eigenen Delegation dennoch nur ein »Gut« und kein »Ausgezeichnet« ins Zeugnis schrieb, liegt einerseits an seiner stoisch zurückhaltenden Art. Andererseits verschließt er nicht den Blick vor den Schwächen oder Enttäuschungen, die erneut zu beobachten waren. So konnten sich die Curler nicht mal für Olympia qualifizieren, die Eishockeyspieler erreichten trotz des selbst gesteckten Medaillenziels nicht einmal das Viertelfinale, und auf Schlittschuhen kam nicht ein deutscher Athlet annähernd in Medaillennähe.

In Pyeongchang beteiligten sich noch fünf Verbände am Medaillensammeln. Jetzt waren es nur noch zwei: der BSD und der Deutsche Skiverband mit Kombinierern, Alpinen, Biathleten und Langläufern. Aus den Sparten Snowboard, Eiskunstlauf und Eishockey wurde nichts mehr beigesteuert. »Wir haben Verbände dabei, die unter ihren eigenen Erwartungen geblieben sind. Andere haben aber komplett den Anschluss an die Weltspitze verloren, und das werden wir analysieren«, kündigte der DOSB-Vorstand an.

Eklatant ist die Schwäche von einstigen Erfolgsgaranten: Zum dritten Mal in Serie blieb die Deutsche Eisschnelllauf- und Shorttrack-Gemeinschaft medaillenlos, sodass die DESG nun mit Förderkürzungen rechnen muss. Ihr hilft auch nicht, dass der DOSB »nicht nur das Olympiaergebnis, sondern auch die vorolympische Saison anschauen« will, bevor zum Rotstift gegriffen wird, denn auch im Vorwinter hatte die seit Jahren mit Verbandsquerelen kämpfende DESG kaum etwas vorzuweisen.

Es tauchen auch keine Talente auf, die für die Spiele 2026 in Cortina d’Ampezzo und Mailand aufgebaut werden könnten. Mit Blick auf das 2018 eingesetzte Potenzial-Analysesystem (PotAS) hatte Schimmelpfennig schon nach den Spielen von Tokio gegenüber »nd« angekündigt: »Fehlt das Potenzial für Medaillen bei den nächsten Spielen, bedeutet das einen Neuaufbau im Nachwuchsbereich, durchaus mit geringerer Mittelausstattung. Bei Verbänden ohne international konkurrenzfähige Spitze wird die Unterstützung in diesem Bereich reduziert.« Das dürfte nun Eisschnelllauf, Eiskunstlauf, Curling und die Eishockey-Frauensparte treffen.

Dass der Fokus auf Talente zum Erfolg führt, bewiesen Neise (21), Bobpilotin Laura Nolte (23) und Skilangläuferin Katherine Sauerbrey (24), die allesamt mit Medaillen von ihrer Olympiapremiere heimkehrten. Auch wenn sie es bei Olympia nicht bestätigen konnten, haben Snowboarder und Ski-Freestyler zumindest im Weltcup ausreichend starke Leistungen gezeigt, um weiter eine Eliteförderung zu erhalten.

Im Gegensatz zu den Nachwehen von Tokio spricht niemand mehr von hohen Abbrecherquoten im Nachwuchs, weil Jugendliche angeblich nur noch am Handy hängen würden. Was wohl daran liegt, dass das nie das eigentliche Problem war. Eher die viel größere Konkurrenz im Sommer. Zum Vergleich: Zum 100-Meter-Lauf in Tokio gingen Läufer aus 59 Nationen an den Start, im Zweierbob der Frauen waren es nur zwölf.

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