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Schaulaufen legendärer Figuren

Die Star-Trek-Serie »Picard« setzt in der zweiten Staffel auf bewährte Motive, folgt aber auch den aktuellen Trends des Genres

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.
Wieder mal muss Jean-Luc Picard das Gläschen Château Lafite stehen lassen, um die Welt vor großem Unheil zu bewahren.
Wieder mal muss Jean-Luc Picard das Gläschen Château Lafite stehen lassen, um die Welt vor großem Unheil zu bewahren.

Als vor 56 Jahren die erste Star-Trek-Folge vom amerikanischen Sender CBS ausgestrahlt wurde, hätte kaum jemand erwartet, dass die Geschichte um eine Raumschiff-Crew zur erfolgreichsten Science-Fiction-Produktlinie aller Zeiten werden würde. Zumal die erste Serie nach drei Jahren eingestellt und Zweitverwertungsrechte weltweit relativ günstig verkauft wurden.

Mit »Picard« geht nun die zweite Staffel der mittlerweile elften Serie aus dem Star-Trek-Universum an den Start. Im Lauf dieses Jahres wird mit »Strange New Worlds«, deren erster Trailer recht bieder wirkt, eine weitere Serie aus der Taufe gehoben, und auch der 14. Kinofilm soll demnächst anlaufen. Beim Paramount-Konzern, zu dem CBS gehört, plant man die eigene Streaming-Plattform auch außerhalb der USA weltweit zu etablieren und die Star-Trek-Serien und -Filme nur noch dort zu zeigen. Ganz ähnlich macht das ja derzeit auch Disney mit seinen Inhalten von Pixar über Marvel bis Star Wars.

Einige Fans hierzulande frustrierte es ungemein, als die 4. Staffel der Star-Trek-Discovery-Serie im vergangenen Herbst ganz kurzfristig dann doch nicht auf Netflix zu sehen war, obwohl es den Paramount-Kanal in Deutschland noch gar nicht gibt. Mittlerweile läuft die Serie hierzulande beim ebenfalls zu Paramonunt gehörenden Streamingdienst Pluto TV.

Die zweite Staffel »Picard« um den mittlerweile schon deutlich in die Jahre gekommenen ehemaligen Captain des legendären Raumschiffs »Enterprise« aus der Serie »The Next Generation« (1987–1994), der mal wieder aus dem Ruhestand im stylischen französischen Weingut geholt wird, um Erde und Menschheit zu retten, läuft hierzulande auf Amazon Prime. Der 82-jährige Patrick Stewart alias Jean-Luc Picard verkörpert wie kaum sonst jemand das Star-Trek-Universum mitsamt seiner Werteordnung von wissenschaftlicher Neugier, humanistischer Ethik und einem manchmal etwas diffusen Fortschrittsanspruch.

Wie die anderen neuen Star-Trek-Serien wartet »Picard« mit einem vergleichsweise komplexen, die ganze Staffel überspannenden Handlungsbogen auf. Diesmal geht es um die Bedrohung durch die Alien-Spezies Borg, eine parallele Entwicklungslinie der Erde, das allmächtige Kontinuum-Wesen »Q« und um Zeitreisen zurück ins Los Angeles des frühen 21. Jahrhunderts.

Wie schon in der ersten Staffel ist mit Michael Chabon als einem der Skriptschreiber ein renommierter amerikanischer Gegenwartsautor mit von der Partie, dessen mit dem Pulitzer-Preis prämierter Roman »Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier und Clay« (2000) über die Entstehung der Superhelden- und Comic-Industrie ebenfalls von Paramount demnächst als Serie umgesetzt werden soll. Wobei sich die »Picard«-Serie fast noch mehr als andere Star-Trek-Spin-offs etwas zu sehr in den eigenen altbekannten Motiven und einem Schaulaufen legendärer Figuren bzw. der Darsteller verliert.
Ein handlungstragendes Kernelement der zweiten Staffel »Picard« ist die mitunter leider etwas platt geratene Inszenierung einer alternativen Entwicklungslinie der Erdgeschichte. Statt der an die Uno erinnernden Föderation der Planeten, stellt die »Konföderation« die staatliche Herrschaft und liegt mit Teilen des Weltraums im interstellaren Dauerkrieg.

Diese autoritär-diktatorische Regierung erinnert von Symbolik und Herrschaftspraxis ganz eindeutig an den Faschismus und schließt mit diesem Motiv an einen Trend an, den es derzeit in der US-amerikanischen Fantastik gibt und der sich aktuell auch in Hanya Yanagiharas dystopischem Roman »Zum Paradies« findet.

Die Angst vor einer nicht demokratischen, von der politischen Rechten dominierten Staatlichkeit, die letztlich in der Vorstellung mündet, im schlimmsten Fall nur einen Schritt vom Faschismus entfernt zu sein, ist in den USA seit Donald Trump ein wirkmächtiges Trauma und hat mittlerweile sogar das Star-Trek-Universum erreicht. Dass die Staatlichkeit in der Fiktion »Konföderation«, also genauso wie der ehemalige Zusammenschluss der konföderierten Staaten im amerikanischen Bürgerkrieg des 19. Jahrhunderts heißt, ist ein klarer Verweis auf die politische Rechte in den USA, die die Konföderierten-Fahne gerne als Symbol für ein anderes Amerika verwendet.

Jenseits dieses politischen Kontextes verfährt die Serie in gewohnter Form und inszeniert neben dem Earl-Grey-Tee trinkenden, altgedienten Jean-Luc Picard auch das ehemalige »Enterprise«-Crewmitglied Seven (Jeri Ryan) und Whoopi Goldberg als Guinan, wozu sich einige jüngere Schauspieler gesellen, die auch schon in der ersten Staffel dabei waren. Diese zusammengewürfelte generationenübergreifende Gruppe stürzt sich wieder mit Warp-Geschwindigkeit in Abenteuer quer durch die ganze Galaxie.

Dabei sollte »Picard« aber nicht als Star-Trek-Rentner-Serie belächelt werden.
Bei der Vielzahl an Spin-offs, die es im Star-Trek-Universum gibt, fokussieren sich die Macher seit Jahrzehnten fast ausschließlich auf Prequels, sodass immer wieder unter anderen Aspekten eine weitere Vorgeschichte der ursprünglichen Serie von 1966 erzählt wird. Eine Ausnahme bildet der gesamte Erzählstrang rund um Jean Luc Picard von »The next Generation« bis »Picard«, der über 100 Jahre nach der ersten Ursprungsserie angesiedelt ist. Insofern erzählt »Picard« zumindest etwas wirklich Neues.

Verfügbar auf Amazon Prime

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