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Ohrwurm forever
Das beste von gestern: Die Band Jeremy Days ist wieder da
Ende der Achtziger gab es zwei deutsche Bands, die auf Englisch singen durften. Die eine waren die Rainbirds, die 1987 mit ihrem ersten Album »Blueprint« abräumten. Und dann waren da noch die Jeremy Days.
Bei den Jeremy Days erinnert man sich auf jeden Fall an die 1989 erschienene zweite Single »Brand New Toy«. Sie ist ein absoluter Dauerbrenner bei allen Radiostationen, die »die größten Hits aus den Achtzigern und Neunzigern und das Beste von heute« spielen. Und das, obwohl die Single niemals unter die Top Ten der Singlecharts gekommen ist. Nirgendwo. Und das andere, an was man sich erinnert, ist der Sänger der Band. Dirk Darmstaedter sah mit seinem wuscheligen Pilzkopf aus, als habe man ihn aus den Genen von John Lennon und Paul McCartney geklont. Und genau so hörte er sich auch an. Die Plattenfirma setzte große Hoffnungen in die Band und engagierte den britischen Produzenten Clive Lang für das erste Album. Lang hatte große Erfolge mit They Might be Giants, Elvis Costello und David Bowie & Mick Jagger gehabt. Die Platte erreichte immerhin Platz 18 der Albumcharts. Nach vier Alben, die immer weniger Erfolg hatten, versandete die Karriere der Band. 1995 kam die Trennung.
Die Neunziger waren ein Jahrzehnt der Verheißung. Der Ost-West-Gegensatz hatte der Geschichte ein Ende gesetzt. Die deutschen Innenstädte verwandelten sich in Hochglanz-Fußgängerzonen, der Osten in blühende Landschaften. Das Internet begann die Welt zu erobern, der PC wurde zum festen Einrichtungsgegenstand. Und im Radio lief »Brand New Toy«. 2001 endete das Goldene Zeitalter mit dem Anschlag auf das World Trade Center und im Radio lief »Brand New Toy«.
Die Musik der Jeremy Days war immer geprägt vom eisernen Willen zum Mainstream. Und genau so kam es ja auch. Alle mochten die Jeremy Days. Nur in den Charts kam diese Zuneigung nie so richtig an. Nach der Trennung gründete Darmstaedter das Hamburger Label Tapete und bescherte indieaffinen Musikenthusiasten viele schöne Platten. Gitarrist Christoph M. Kaiser wurde erfolgreicher Filmkomponist. Und Keyboarder Louis C. Oberlander widmete sich der Schauspielerei. 2019 kehrten sie als »gereifte Künstlerpersönlichkeiten« für eine Tour zurück. Daraus entstand das Album »Beauty in Broken«.
Jeremy Days sind für die englischsprachige deutsche Popmusik das, was Manufaktum im Versandhandel ist. Schon der Titelsong »Beauty in Broken« klingt so unverkennbar großartig und alterslos nach den Jeremy Days, als wäre seit 1995 kein Tag vergangen. Alles ist organisch, Gitarre, Bass, Schlagzeug und über allem die gebrochen melancholische Stimme von Dirk Darmstaedter. Auch die getragene Klavierballade »For the Lovers« hält das hohe Niveau des Einstiegssongs. Der Versuchung auf den hippen Deutschpopsound umzusteigen, hat die Band erfolgreich widerstanden, auch wenn das ohrwurmige »Blue New Year« leichte Anklänge daran hat. Aber Jeremy Days dürfen das. Umso herrlicher wie sich dann der Song »Stupid November« anschleicht und sich dann zur Wall-of-Sound-Powerballade auswächst. Das Album ist rundum gelungen. Und ja, die Jeremy Days passen auch in die 2020er Jahre.
Jeremy Days: »Beauty in Broken« (Energie)
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