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Wo das Meer am produktivsten ist
Mehrere Studien untersuchen, wie sich der menschengemachte Klimawandel auf Küstenauftriebsgebiete auswirkt
Vor den Westküsten Amerikas und Afrikas sorgt stetig aufsteigendes, nährstoffreiches Tiefenwasser für besonderen Fischreichtum: Obwohl die dort gelegenen vier großen Küstenauftriebszonen nur knapp zwei Prozent der Fläche der Ozeane ausmachen, stammen rund 20 Prozent aller Fänge daher. Doch ihre Zukunft ist ungewiss. In den Projekten CUSCO, REEBUS und EVAR untersuchen Wissenschaftler*innen des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Leibniz Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) seit drei Jahren, wie sich die globale Erderwärmung auf die Fischhotspots vor Peru, West-Afrika und Namibia auswirkt. Wegen der Pandemie wurden die Projekte um ein Jahr verlängert. Ende März legten die Forscher*innen auf einem Statusmeeting ihre ersten Ergebnisse vor.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Anders als erwartet zeigte sich, dass die biologische Produktivität in den untersuchten Gebieten linear mit dem Auftrieb verknüpft zu sein scheint. Dies erleichtere die Arbeit mit Modellen erheblich, erklärt der Gesamtkoordinator der Projekte von GEOMAR, Ulf Riebesell. Noch keinen deutlichen Trend konnten die Wissenschaftler*innen dagegen feststellen, wie sich die Auftriebsgebiete im Zuge der globalen Erderwärmung mit den Hochdruckgebieten polwärts verlagern. »Dabei handelt es sich (jedoch) um eine ziemlich konsistente Vorhersage aller Klimamodelle«, so der Professor für Biologische Ozeanographie.
Ebenfalls noch ungeklärt ist, ob der Auftrieb des Tiefenwassers im Zuge des globalen Klimawandels zu- oder abnimmt. Dabei stehen sich zwei Prozesse gegenüber: »Die Erderwärmung verstärkt die Dichteschichtung im Ozean. Das führt dazu, dass weniger Austausch stattfindet«, erklärt Riebesell. Dies gelte vermutlich auch für die untersuchten Gebiete, weswegen das Tiefenwasser dort langsamer aufsteige. Demgegenüber steht die Prognose, dass mit den höheren Temperaturen zugleich der Windstress zunimmt, der den Auftrieb fördert. Während sich im Humboldt- und Benguelastrom noch kein Langzeittrend erkennen lässt, deutet die kältere Temperatur an der Wasseroberfläche vor den Kanaren darauf hin, dass dort mehr Tiefenwasser nach oben strömt.
Im Rahmen des Projektes EVAR vor Namibia zeigte sich, dass sich die Produktion klimarelevanter Gase, je nach Ökosystem, räumlich stark unterscheidet. »Davon kann man sehr gut ableiten, dass, wenn sich die Auftriebszonen verlagern oder sich die Intensitäten des Auftriebs verändern, auch mit einer Veränderung in der Produktion der Gase zu rechnen ist«, sagt Riebesell.
Auch sonst sind die Küstenauftriebszonen Gegenstand der Forschung. Bereits Anfang des Jahres veröffentlichte ein internationales Team unter Beteiligung von Wissenschaftler*innen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des GEOMAR im Wissenschaftsjournal »Science« eine Studie, deren Ausgangspunkt der erhebliche Rückgang der Fangmengen peruanischer Sardellen, der Anchovis, war. Diese werden zunehmend verdrängt durch kleinere Schwarmfische wie die Grundel, die schwerer zu fangen und weniger schmackhaft sind. Angesichts der Tatsache, dass global rund 10 Prozent der Sardellenfänge aus dieser Region stammen, könnte dies weitreichende Folgen für die lokale Fischerei und das weltweite Angebot dieser Fische haben.
Die Forscher*innen analysierten paläo-ozeanographische Daten aus der Eem-Warmzeit vor 125 000 Jahren. Damals herrschten ähnliche Bedingungen wie sie der Weltklimarat (IPCC) für Ende des 21. Jahrhunderts vorhersagt: eine vergleichbare Primärproduktion, um zwei Grad wärmere Wassertemperaturen und ein verstärkter Sauerstoffmangel in den mittleren Wassertiefen. Die Untersuchung der aus Sedimentkernen isolierten Fischwirbel zeigt, dass damals kleine, grundelartige Fische dominierten. Tatsächlich seien kleinere Fische besser gegen wärmere Wassertemperaturen gewappnet: Sie können auch in sauerstoffärmeren Gewässern überleben, da ihre Kiemenoberfläche im Verhältnis zu ihrem Körpervolumen größer ist und ihnen damit auch bei geringerem Sauerstoffangebot noch eine hohe Aktivität erlaubt.
»Wir schließen aus unseren Ergebnissen, dass die Folgen des menschengemachten Klimawandels stärkeren Einfluss auf die Entwicklung der Bestände in der Region haben können als bisher angenommen«, erklärt der Erstautor der Studie, Renato Salvatteci, der im Rahmen des Projekts Humboldt-Tipping an der Universität Kiel forscht. Trotz eines verbesserten Managements gingen immer weniger Sardellen ins Netz. Damit steuert das Ökosystem vor Peru, nach Einschätzung der Forschenden, auf einen ökologischen Kipppunkt zu, bei dem die Sardelle ihre bisherige Stellung einbüßt.
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